Angestellte der SBB ­haben es schwer. Die einen finden kaum Zeit zum Beraten, weil der Andrang vor den wenigen offenen Schaltern so gross ist (K-Tipp 18/2012). Andere haben keine Zeit, zu putzen oder defekte WCs zu flicken (K-Tipp 15/2016 und 1/2018). Und jetzt zeigt sich: Die Konduk­teure haben oft keine Zeit mehr, Billette zu kontrollieren.

Von verschiedenen Seiten war dem K-Tipp zuge­tragen worden, die Swisspass-Kontrollgeräte seien nach wie vor viel zu langsam. «Deshalb bluffen wir und die SBB-Kondukteure häufig nur», sagt ein Angestellter der Bielersee-Schifffahrtsgesellschaft dem K-Tipp. Und ein SBB-Angestellter präzisiert: «Wenn die Züge voll sind, tun wir manchmal nur so, als ob wir ­kontrollieren würden.»

Der K-Tipp wollte es ­genau wissen und führte ­deshalb eine Stichprobe in 15 SBB-Zügen durch. Bei Kontrollen wies der K-Tipp-­Mitarbeiter einen Swisspass mit einem Halbtax-Abo vor, das vor einem Jahr ­abgelaufen war.

Die Ergebnisse der Stichprobe

Bei 47 Prozent der ­Fahrten wurde der K-Tipp-Mitarbeiter nicht kontrolliert. Und dies auch auf langen Fahrten wie zum Beispiel von Bern nach Genf. ­Diese Fahrt dauert beinahe zwei Stunden.

In den anderen 53 Prozent der Fahrten gab es zwar eine Kontrolle. Doch zwei Mal schauten die Kondukteure den Swisspass nur von weitem an und setzten das Lesegerät gar nicht ein. So merkten sie nicht, dass das Halbtax-Abo seit einem Jahr ungültig war. Denn das Ablaufdatum ist auf dem Swisspass nicht mehr aufgedruckt.

Bei drei Kontrollen kam das Lesegerät zwar zum Einsatz. Trotzdem beanstandeten die Kondukteure das ab­gelaufene Halbtax-Abo nicht.

Nur in drei Zügen be­anstandeten die Kondukteure das ungültige Halbtax-Abo. ­Offenbar nahmen nur sie sich genügend Zeit, auf die Rückmeldung des Lese­geräts zu warten.

Bei den Städ­tischen ­Verkehrsbetrieben   Bern haben lang­same Lese­geräte zu ­weniger Kon­trollen geführt. Zum Vergleich: Vor der Einführung des Swiss­pass im August 2015 wurden jährlich eine Mil­lion Passa­giere kontrolliert. Im vergangenen Jahr waren es bei gleicher Anzahl Kon­trollstunden nur noch 700 000 Passagiere.

Die SBB dagegen wollen nichts davon wissen, dass die Zahl der Kontrollen abgenommen habe: «Wir können die K-Tipp-Zahlen nicht bestätigen.» Aber sie sagen gleichzeitig auch: Die Kondukteure müssten «längst nicht nur Billette kontrollieren. Sie haben ein sehr breites Aufgabenspektrum.» Dazu gehöre: Bremsproben durchführen, Abfahrerlaubnis erteilen, Informationen geben, Fragen beantworten, Billette kontrollieren, Reisedaten er­heben und dafür sorgen, dass sich die Passagiere «wohlfühlen».

Übrigens: Der K-Tipp-­Mitarbeiter hatte bei seiner Stichprobe stets ein gül­tiges Billett und ein gültiges Halbtax-Abo dabei. Der K-Tipp will auch nicht zum Schwarzfahren animieren. Vielmehr geht es darum, dass die SBB die Kon­trollen im Interesse der ehrlichen Kunden wieder ernst ­nehmen.