Renato Schaller (Name geändert) aus Fällanden ZH erhielt kürzlich einen Anruf von Aktienverkäufer Luca Rhyner. Dieser stellte sich als Mitarbeiter der Zürcher Firma Haug AG vor. Er schlug Schaller vor, er solle mit 25'000 Franken bei der Tanovis AG aus Rüschlikon ZH einsteigen. Eine Aktie koste rund 11 Franken. Rhyner prognostizierte, die Firma werde schon dieses Jahr Gewinn erwirtschaften, und nächstes Jahr gebe es Dividenden.
Rhyner geht für Tanovis nicht zum ersten Mal auf Investorenfang: So wurde K-Geld-Leser Sandro Bichsel (Name geändert) aus Brugg AG Ende letzten Jahres von ihm kontaktiert. Damals bezeichnete sich Rhyner als Leiter Investor Relations der Vonberg AG aus Zürich.
Auch bei Bichsel warb er für Tanovis-Aktien. Die Papiere waren damals noch billiger: Der Preis pro Aktie lag bei 4 Franken. Laut Bichsel behauptete Rhyner, Tanovis stehe kurz vor der Übernahme durch eine Firma in Singapur.
Ähnliches berichtet K-Geld-Leser Andreas Schmid (Name geändert) aus Zollikerberg ZH: Ein Vonberg-Verkäufer habe ihn kontaktiert und erzählt, Tanovis stehe kurz vor der Übernahme durch das bekannte, an der Schweizer Börse gelistete Unternehmen Clariant. Dieses zahle 9 Franken pro Aktie. Schmid habe nun die einmalige Möglichkeit, einzusteigen – es winke eine Rendite von 125 Prozent. Er dürfe von diesem Insidertipp aber «niemandem erzählen», weil der Deal noch nicht öffentlich sei.
Nur in börsengehandelte Unternehmen investieren
Man habe nicht gewusst, dass solche Gerüchte verbreitet würden, sagt dazu Tanovis-Sprecher Ste-phan Müller. Rhyners Aussagen zu Gewinn und Dividenden bestreitet Tanovis. Der Anwalt der Vonberg AG schreibt K-Geld, Luca Rhyner sei im Auftrag über die Firmen Haug und Everest Capital für Vonberg tätig gewesen. Vonberg bestreitet, eigene Mitarbeiter hätten Aussagen wie jene zu Clariant gemacht. Was Rhyner Interessenten erzählt habe, wisse man nicht.
Eine Investition in Tanovis-Aktien wäre mit erheblichen Risiken verbunden. Das zeigt die Vergangenheit: Die Tanovis AG fungiert heute als Holding. Sie ist die Nachfolgefirma der Greenvalue SA. Diese ging unter, weil es ihren Besitzern nicht gelang, die nötige Finanzierung für das weitere Fortbestehen aufzubringen. Die Aktiven von Greenvalue wurden zu Tanovis übertragen. Ihr gehören zurzeit diverse Dienstleistungsunternehmen und die Tochterfirma Phytaxis SA, die Futtermittel herstellt.
Wer Tanovis-Aktien kauft, unterschreibt im Vertrag, er sei «über sämtliche rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse der Tanovis AG als Aktionär derselben informiert und insbesondere auch mit allen wirtschaftlichen Verhältnissen vertraut».
Allerdings: K-Geld-Leser Andreas Schmid erhielt keine Antworten, als er vom Vonberg-Verkäufer die Revisionsberichte der letzten drei Jahre verlangt hatte. Tanovis-Sprecher Müller sagt dazu, man stelle Geschäftsberichte und die Berichte der Revisionsstelle den Aktionären zur Verfügung. Dritte erhielten solche Berichte nur im Einzelfall, «bei Vorliegen eines berechtigten Interesses».
Tipp: Anleger sollten keine Aktien zeichnen, die per Telefon verkauft werden. Investieren sollte man nur in Unternehmen, deren Geschäftsberichte zugänglich sind und deren Aktien an der Börse gehandelt werden. Denn für andere Aktien gibt es bei einem allfälligen Verkauf meist keinen Markt. Im schlimmsten Fall droht ein Totalverlust.