Lindt & Sprüngli brilliert nicht nur mit Pralinen und Goldhasen, sondern auch mit der Entwicklung des Aktienkurses. Wenn es aber um die Corporate Governance – die Art und Weise einer guten Geschäftsführung – geht, erhält das Kilchberger Unternehmen keine guten Noten. Jedenfalls nicht von zRating, einem Aktionärsdienstleister und Berater u. a. von Pensionskassen. zRating hat 165 der wichtigsten an der Schweizer Börse kotierten Gesellschaften bewertet. Lindt & Sprüngli landete auf Rang 162.
Auf Platz eins des zum siebten Mal durchgeführten Ratings steht Forbo, aktiv in der Herstellung von Bodenbelägen und Kunststoffbändern. Gemäss zRating-Chef Michael Otte gibt es mehrere Gründe für die gute Rangierung: Forbo räumt den Aktionären umfassende Rechte ein. Das Grundprinzip der Gleichbehandlung aller Aktionäre («one share, one vote») ist umgesetzt. Michael Pieper, der das Unternehmen mit einem Aktienanteil von knapp 30 Prozent dominiert, geniesst gegenüber den Publikumsaktionären keinen Sonderstatus. Dem Vergütungsmodell liegt eine klare Leistungskultur zugrunde.
Forbo erreicht in der Bewertung von zRating 84 von möglichen 100 Punkten. Die wichtigsten Kriterien sind die Rechte der Aktionäre, die Ausgestaltung der Entschädigungen, die Zusammensetzung von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung und die Informationspolitik.
Lindt & Sprüngli: «Klare Ungleichbehandlung der Aktionäre»
Lindt & Sprüngli kommt im Rating nicht wegen mangelnden Geschäftserfolgs schlecht weg. Otte kritisiert aber das «gewaltige Machtmonopol» von Ernst Tanner. Er ist Verwaltungsratspräsident und Konzernchef im Doppelmandat. «Tanner kontrolliert sich de facto selbst», sagt Otte.
Die Hauptkritik gilt der dualen Aktienstruktur. Lindt & Sprüngli kennt Namenaktien und Partizipationsscheine. Letztere haben kein Stimmrecht. Zudem kennt die Gesellschaft eine Stimmrechtsbeschränkung. Anteile über 4 Prozent des Namenaktienkapitals werden nicht eingetragen und sind nicht stimmberechtigt. Der Verwaltungsrat kann Ausnahmen bewilligen, etwa wenn die Aktien länger als acht Jahre gehalten wurden. Die Aktionärsgruppe von Pensionskasse und Vorsorgestiftungen der Lindt & Sprüngli ist mit 12,7 Prozent des Kapitals stimmberechtigt. Otte diagnostiziert «eine klare Ungleichbehandlung der Aktionäre».
Auf Platz 144 findet sich der Baustoffhersteller Sika, um den zurzeit ein öffentlich ausgetragener Übernahmekampf tobt. Sika – von der Familie Burkard mit nur gut 16 Prozent Kapitalanteil kontrolliert – zeigt exemplarisch, dass sogenannt starke Ankeraktionäre nicht immer Stabilität und nachhaltigen Erfolg garantieren.