Der 29-jährige Angestellte eines Maschinenherstellers im Kanton Bern erlebte eine bö-se Überraschung, als er seinen Pensionskassenausweis studierte. Sein Arbeitgeber hatte für ihn massiv geringere Beiträge in die firmeneigene Pensionskasse eingezahlt als er selbst: Das Unternehmen steuerte im ganzen Jahr lediglich 204 Franken bei, während ihm 5835 Franken vom Lohn abgezogen wurden.
Das bedeutet: Der Mitarbeiter trug 96,6 Prozent zu seiner Altersvorsorge in der zweiten Säule bei – sein Arbeitgeber nur gerade 3,4 Prozent.
Ungleichbehandlung ist laut Gesetz zulässig
Die Pensionskasse des Betriebs begründete die ungleiche Finanzierung der 2. Säule mit der «Finanzierungssolidarität zwischen jungen und alten Versicherten». Mit zunehmendem Alter zahle der Arbeitgeber einen grösseren Teil der jährlichen Prämie an die Pensionskasse, bei älteren Angestellten deutlich über 50 Prozent. Das heisst: Pech hat, wer die Stelle früher wechselt oder vorher entlassen wird.
Die krasse Ungleichbehandlung ist zulässig. Das Gesetz verlangt von den Arbeitgebern nur, dass sie insgesamt, also für die ganze Belegschaft zusammen, mindestens die Hälfte der Beiträge in die 2. Säule einzahlen – aber nicht für jeden einzelnen Angestellten. Wörtlich heisst es im Gesetz über die berufliche Vorsorge: «Der Beitrag des Arbeitgebers muss mindestens gleich hoch sein wie die gesamten Beiträge aller seiner Arbeitnehmer.»
Der Basler Anwalt Hans-Ulrich Stauffer ist auf Pensionskassen spezialisiert. Er kritisiert: «Es ist erstaunlich, dass es in der beruflichen Vorsorge eine solche Regelung gibt. Bei der AHV wäre das völlig undenkbar.» Gemäss Stauffer würde sich die Ungleichbehandlung im vorliegenden Berner Fall nur ausgleichen, wenn jemand sein ganzes Arbeitsleben im gleichen Betrieb absolviert. Auch im Gastgewerbe, wo häufige Stellenwechsel üblich sind, finanzieren laut Hans-Ulrich Stauffer junge Mitarbeiter die älteren. «Das ist sehr störend.»
Immerhin: Laut Stauffer zahlt die grosse Mehrheit der Unternehmen in der Schweiz die Pensionskassenbeiträge «auch auf individueller Ebene zu gleichen Teilen». Arbeitgeber und Angestellte leisten die Beiträge also meist je zur Hälfte.
Pensionskassenausweis stets genau prüfen
Die meisten Pensionskassen versenden die Ausweise mit den Angaben über das angesparte Kapital und die Einzahlungen des vergangenen Jahres jeweils im ersten Quartal an ihre Versicherten. Tipp: den Ausweis genau anschauen und kontrollieren, ob und wie viel im vergangenen Jahr einbezahlt wurde – und wie das Guthaben verzinst wurde. Wer feststellt, dass die eigenen Beiträge höher sind als jene des Arbeitgebers, kann sich an die Arbeitnehmervertretungen im Stiftungsrat der Kasse wenden und darauf drängen, dass die Ungleichbehandlung beseitigt wird.