Das Unternehmen Swissair ist längst konkurs – doch den ehemaligen Mitarbeitern, die eine Rente beziehen, geht es finanziell bestens: Sie erhielten im vergangenen Jahr insgesamt 18 Monatsrenten. Seit 2010 landeten jedes Jahr im Durchschnitt fünf Zusatzrenten auf ihrem Konto, wie Peter Ramel, der Präsident der Pensionskasse, gegenüber K-Geld bestätigt.
So kam es zu diesem Geldsegen: Der Zusammenbruch der Unternehmensgruppe der Swissair im Jahr 2001 hatte auch Folgen für die 2. Säule der Angestellten, die Allgemeine Pensionskasse der SAir-Group (APK). Die Kasse existiert noch heute und hat seit dem Swissair-Konkurs nur noch Rentner als Mitglieder. Denn die erwerbstätigen Angestellten der Unternehmensgruppe mussten neue Stellen suchen und wechselten mit dem Arbeitgeber auch die Pensionskasse. Viele Unternehmen der SAir-Group, etwa Gate Gourmet, wurden verkauft. Die neuen Eigentümer versicherten die übernommenen Angestellten in anderen Pensionskassen.
Das führte zur Teilliquidation der APK. Das bedeutete: Das Kapital der Stiftung musste auf die verbleibenden Rentner und die austretenden Versicherten verteilt werden. Bei Teilliquidationen haben die Austretenden nicht nur Anspruch auf ihr angespartes Alterskapital, sondern auch anteilsmässig auf die Reserven der Kasse. Im Jahr 2003 setzte der Stiftungsrat das Deckungskapital der Pensionskasse auf 118 Prozent fest. Er entschied, die Rentner wie vom Gesetz vorgesehen im gleichen Umfang an den Reserven partizipieren zu lassen wie die Austretenden.
Erwerbstätige kamen zu kurz
In der Folge kam es zu einer Reihe von rechtlichen Auseinandersetzungen um diese Aufteilung. Rentner monierten etwa, die ihnen zugewiesenen freien Mittel seien zu gering, um spätere Teuerungsausgleiche zu finanzieren. Das Bundesgericht zog im Februar 2010 einen Strich unter den Streit um die Liquidation der Kasse und erledigte fünf Beschwerden gegen den Verteilungsplan. Es stützte dabei die Berechnung des Deckungskapitals mit 118 Prozent und die gleichmässige Verteilung der Reserven auf die austretenden erwerbstätigen Versicherten und die Rentner.
Im Nachhinein zeigte sich, dass der Stiftungsrat die für die Rentner nötigen Reserven viel zu grosszügig berechnet hatte – zum Nachteil der ausgetretenen Erwerbstätigen. Die Lebenserwartung der Rentner erwies sich als geringer als angenommen, und die Vermögenserträge der Kasse waren deutlich höher als erwartet. Deshalb besitzt die Rentnerkasse viel mehr Geld, als sie den Versicherten regulär auszahlen muss.
1 Milliarde Franken Reserve – bei rund 2200 Rentnern
Die offiziellen Geschäftszahlen der APK per Ende 2024 liegen noch nicht vor. Trotzdem steht fest, dass vom einstigen Vermögen von 2,1 Milliarden Franken noch rund die Hälfte vorhanden ist. Gegenwärtig hat die APK rund 2200 Versicherte, die eine Altersrente beziehen. Der jüngste Rentner ist 75, der älteste über 100 Jahre alt.
Was passiert mit dem restlichen Geld, wenn dereinst der letzte Rentner stirbt? Die zuständige Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich will zu konkreten Kassen nichts sagen. Vizedirektor Norbert Eberle verrät aber, dass im Bereich der Zürcher Stiftungsaufsicht rund ein Dutzend weiterer solcher Rentner-Vorsorgeeinrichtungen existieren. «Die Aufsichtsbehörde wacht darüber, dass das Vorsorgevermögen zweckgemäss verwendet wird», sagt Eberle.
Eine zweckmässige Verwendung bedeute einerseits, dass die Reserven hoch genug sind, um heutige und künftige Rentenansprüche zu decken und allfällige Wertschwankungen bei den Geldanlagen ausgleichen zu können. Andererseits dürften keine Vorsorgemittel gehortet werden, die eigentlich den Rentnern zustünden.
Die Gelder, die über der Zielgrösse der Wertschwankungsreserven liegen, sind sogenannte freie Mittel. Über deren Verwendung entscheidet laut Gesetz das oberste Organ der Pensionskasse, der Stiftungsrat. Der APK-Stiftungsrat ist zum Geldausgeben verpflichtet. «Würden überdotierte Vorsorgemittel bei einer solchen Rentner-Pensionskasse gehortet, schaltete sich die Aufsichtsbehörde nötigenfalls frühzeitig ein – und zwar lange bevor nur noch wenige Rentner übrig wären», sagt Norbert Eberle. Ziel müsse es sein, «dass die Mittel beim Ableben des letzten Rentners aufgebraucht sind.»
Dieser Zeitpunkt lässt sich aber nicht genau vorausssagen. Ein mögliches Szenario laut Eberle: Ab einer bestimmten Mindestgrösse dürfte sich der Betrieb einer Rentner-Pensionskasse angesichts der Verwaltungskosten nicht mehr lohnen. Dann könne ein Stiftungsrat entscheiden, die Einrichtung zu liquidieren. Dazu hält die jeweilige Stiftungsurkunde fest, dass die Mittel ausschliesslich für die Destinatäre zu verwenden sind – in diesem Fall für die Rentner. Die verbliebenen Pensionäre könnten dann samt Kapital einer anderen Rentnerkasse angeschlossen werden.