Ernst Welti von der Pensionskasse der Stadt Zürich sagt es klipp und klar: «Bei unserer Pensionskasse ist kein Bedürfnis erkennbar, weder im Stiftungsrat noch von Seiten der Versicherten.» Bei vielen anderen Pensionskassen heisst es einhellig, das Interesse sei minim.
Die Rede ist von einer Gesetzesänderung, die Anfang 2011 in Kraft getreten ist. Sie besagt: Ab Alter 58 können Männer und Frauen ihr Arbeitspensum reduzieren (zum Beispiel von 100 auf 70 Prozent), die Beiträge an die Pensionskassen aber auf der bisherigen Höhe belassen. So bleibt die spätere Altersrente der Pensionskasse unangetastet – trotz Lohnreduktion. «Weiterversicherung des bisherigen versicherten Verdiensts» heisst der entsprechende Artikel 33a des Pensionskassengesetzes BVG.
Eine breite Umfrage von K-Geld zeigt nun: Noch machen über 58-Jährige nur vereinzelt von dieser Möglichkeit Gebrauch. Bei der Sammelstiftung Profond sind es gerade mal 8 von 31 000 Versicherten, bei der Post 130 von 44 000 Angestellten, bei der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG tun es 10 von 6800 Versicherten.
Das geringe Interesse liegt zum einen daran, dass diese Möglichkeit noch weitgehend unbekannt ist. Wesentlich ist jedoch: Während im Normalfall der Arbeitgeber mindestens die Hälfte des gesamten Pensionskassenbeitrags zu übernehmen hat, muss er sich an der Weiterversicherung der Lücke zum bisherigen Lohn nicht beteiligen. Die sogenannte Beitragsparität spielt hier also nicht.
Das heisst: Reduziert eine angestellte Person ihr Pensum von 100 auf zum Beispiel 70 Prozent, muss sie sämtliche Pensionskassen-Beiträge auf die fiktiven 30 Prozent der Reduktion allein zahlen. Also sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil. Sie hat damit nicht nur eine Lohneinbusse durch die Pensumsreduktion zu verkraften, sondern auch noch eine Mehrbelastung durch höhere Lohnabzüge als bisher.
Der Kasten links zeigt ein Beispiel dazu: Senkt ein Pöstler ab Alter 60 sein Pensum von 100 auf 80 Prozent, muss er fünf Jahre lang jeden Monat 215 Franken an die Pensionskasse zahlen, falls seine Altersrente später gleich hoch ausfallen soll wie ohne Pensumsreduktion. Geht er gar auf 50 Prozent runter, kostet ihn diese Weiterversicherung 538 Franken im Monat. Immer unter der Annahme, dass sich der Arbeitgeber nicht an diesen Kosten beteiligt.
Die Tabelle zeigt aber auch, dass eine Reduktion des Arbeitspensums bei Normalverdienern keine grosse Auswirkung auf die spätere Altersrente der Pensionskasse hat. Im Beispiel reduziert sie sich lediglich um 2 beziehungsweise 5 Prozent.
Pointiert formuliert könnte man also sagen: Warum soll dieser Mann fünf Jahre lang pro Monat 215 Franken zahlen, nur um eine Reduktion seiner Altersrente von 60 Franken pro Monat zu verhindern? Das lohnt sich nur bei Leuten, die überdurchschnittlich alt werden. Oder bei Versicherten mit hohen Löhnen.
Besser sieht die Rechnung aus, wenn sich der Arbeitgeber freiwillig zur Hälfte an den Kosten beteiligt (oder allenfalls noch höher). Doch das tun nur die wenigsten. Bei der Pensionskasse SHP, einer Sammelstiftung für Angestellte im Gesundheitswesen, sind aktuell rund 5700 Leute versichert. 5 von ihnen arbeiten reduziert mit Weiterversicherung, und bei 3 von ihnen zahlt der Arbeitgeber mit. Damit werde die langjährige Betriebszugehörigkeit honoriert, heisst es bei der SHP.
Tipp: Wer sein Pensum im Alter reduziert, seine Pensionskassen-Altersrente aber in der ursprünglichen Höhe erhalten möchte, kann dies auch mit freiwilligen gezielten Einkäufen erreichen – sofern frei verfügbare Geldmittel vorhanden sind. Solche Einkäufe können beliebig terminiert werden. Dies vor allem dann, wenn feststeht, dass man im Pensionsalter die Rentenform wählt statt den Barbezug des Alterskapitals. Fragen Sie aber Ihre Pensionskasse vorher, ob und mit welchem Betrag Sie sich einkaufen können.
Tipps: Weiterversicherung bei Pensumsreduktion
- Die Pensionskasse muss die Möglichkeit der Weiterversicherung ins Reglement aufgenommen haben. Bei diesen Kassen z. B. ist das nicht der Fall: Sammelstiftung Helvetia, Pensionskasse Kanton Solothurn, Pensionskasse Stadt Zürich, Pensionskasse SBB und Migros-Pensionskasse.
- Die Pensumsreduktion muss mindestens 20 Prozent betragen und darf höchstens 50 Prozent ausmachen. Die Weiterversicherung ist auch möglich bei schrittweiser Reduktion des Pensums.
- Bei den Prämien für den fiktiven Lohn (z. B. von 80 auf 100 Prozent) werden auch die bisherigen Risikobeiträge erhoben (Abdeckung Tod und Invalidität). Das reine Alterssparen ist gemäss dem zuständigen Bundesamt nicht erlaubt. Damit würde bei allfälliger Invalidität auch die Invalidenrente gemäss dem bisherigen (ungekürzten) Leistungsniveau ausfallen.
- Wer beruflich kürzertritt und seinen Lohn zum Beispiel von 100 000 auf 70 000 Franken reduziert, kann ihn auch auf der Basis von beispielsweise 85 000 Franken weiterversichern.
- Wer sich zur Weiterversicherung entschliesst, hat bei der Pensionierung immer noch die Wahl zwischen Rente und Kapitalbezug.
- Die Weiterversicherung ist vor allem für gut verdienende Geschäftsinhaber interessant, die der Pensionskasse ihrer Angestellten angeschlossen sind.