Wer als Mieter einer Wohnung schon frühmorgens um sieben Uhr von Presslufthämmern geweckt wird, Lastwagenverkehr erdulden muss und wochenlang Staub ausgesetzt ist, kann vom Vermieter eine Mietzinsreduktion verlangen.
Wie hoch dieser Abzug ist, hängt von der Lage der Wohnung, des Wohnstandards und der Beeinträchtigungen ab. Ob die Belastung durch Lärm, Erschütterungen, Staub usw. tatsächlich einen Wohn-mangel darstellt und wie hoch die Reduktion der Miete ausfällt, hängt immer vom Einzelfall ab. So sieht die Gerichtspraxis aus:
- Das Kreisgericht St. Gallen hielt im Oktober 2008 fest, Baustellenlärm stelle auch in städtischen Verhältnissen einen Mangel der Wohnung dar. Es ging um den Bau eines Kongresszentrums. Lange andauernde und intensive Immissionen rechtfertigten demnach eine Mietzinsreduktion um 20 Prozent.
- Das Mietgericht Meilen ZH entschied im März 2008, der Bau von 52 Terrassenwohnungen und einer zweistöckigen Tiefgarage berechtigten die Mieterin einer benachbarten Wohnung zu einer Reduktion von ebenfalls 20 Prozent.
- Das Bezirksgericht Bremgarten AG erkannte im Februar 2004 auf eine Herabsetzung von 15 Prozent. Der Schlaf in der «ruhigen Mietliegenschaft» sei durch ständigen Baulärm am Morgen während zwei Stunden an zwei Tagen pro Woche beeinträchtigt worden. «Schlaf ist zentral», erklärte das Gericht.
- In einem Fall von «schwersten Bauimmissionen» durch Presslufthämmer, Bulldozer und Sprengungen hat das Mietgericht des Kantons Waadt 1987 eine Reduktion um 35 Prozent verfügt.
- Das Mietgericht Zürich senkte den Mietzins im November 1999 bei einer Wohnung um 16 Prozent. Die Grossbaustelle war 40 Meter entfernt.
- Das Mietgericht des Kantons Waadt reduzierte im Dezember 1986 die Miete wegen Staub und Baulärm um 35 Prozent.
- Das Obergericht des Kantons Genf entschied im Oktober 1980 auf 10 Prozent Reduktion – der Neubau war nur 2,2 Meter vom Fenster des Mieters entfernt.
Mietzinsreduktion: So müssen Mieter vorgehen
Vermieter informieren: Wer wegen baubedingter Einschränkung des Wohnwerts eine Mietzinsreduktion will, muss den Vermieter zuerst darüber informieren. Erst dann haben Mieter allenfalls Anspruch auf eine Reduktion des Zinses. Eine eigenmächtige Senkung der Miete ist nicht zulässig: Kommt der Vermieter nicht von sich aus entgegen, können Mieter den Monatszins bei einer vom Gericht beauftragten Stelle hinterlegen und das Begehren auf Zinssenkung stellen. Es empfiehlt sich, die Mängel mit einem Protokoll und Fotos festzuhalten. Erste Anlaufstelle ist die Schlichtungsbehörde für Mietverhältnisse.
Reduktionsvorschläge akzeptiert man am besten erst, wenn die Beeinträchtigung vorüber ist – erst dann ist klar, wie hoch sie war. Das Schlichtungsverfahren ist gratis. Gelingt keine Einigung, fällt die Schlichtungsbehörde einen ersten Entscheid. Wer damit nicht zufrieden ist, kann das Mietgericht anrufen. Dieses Verfahren ist für die unterliegende Partei kostenpflichtig.
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