Der Aktienmarkt erlebte ab Sommer zweieinhalb Monate lang einen Sinkflug. Seither hat er sich zwar teilweise erholt. Doch die Aussichten sind immer noch unsicher, auch wenn einige Börsenkenner bis zum Jahresende von insgesamt steigenden Kursen ausgehen.
Was häufig übersehen wird: Es gibt Unternehmen, die regelmässig eine gute Dividende zahlen. Das ist deshalb von Bedeutung, weil es zurzeit kaum andere Anlagekategorien gibt, die diesen Dividendenpapieren den Rang ablaufen könnten: Die Renditen von Staatsanleihen sind tief, Gold in Franken bringt keine Rendite, und Unternehmensanleihen werfen ebenfalls nur eine magere Rendite ab. Und wer auf US-amerikanische, französische oder deutsche Staatspapiere ausweichen möchte, handelt sich ein unabschätzbares Wechselkursrisiko ein.
Aktien, die Jahr für Jahr eine schöne Dividende auszahlen, haben zurzeit am meisten Potenzial. Wie aber erkennt man solche Dividendenperlen?
«Wir verwenden verschiedene Ansätze bei der Auswahl von Dividendentiteln», sagt Christoph Riniker von der Bank Julius Bär:
- Die Dividendenrendite muss höher sein als die durchschnittliche Marktrendite.
- Die Ausschüttungen der nächsten drei Jahre sollten voraussichtlich mindestens gleich hoch oder höher sein als im Vorjahr.
- Der Gewinn muss mindestens 1,5 Mal grösser sein als die Dividende, «damit allfällige Gewinnschwankungen sich nicht in rückläufigen Auszahlungen auswirken».
Stabil steigender Gewinn über Jahre ist sehr wichtig
Laut einem anderen Ansatz muss die Dividende in den letzten zehn Jahren permanent gewachsen sein und sollte auch in den nächsten drei Jahren steigen. In den USA heissen diese Titel Dividend Aristocrats, wobei als Zusatzkriterium ein Gewinn auszuweisen ist, der die Dividende um den Faktor 1,5 übersteigt. Nur vier Schweizer Titel erfüllen laut Bank Julius Bär diese Voraussetzungen: Nestlé, Novartis, Roche und Swisscom.
Die Bank Vontobel beurteilt Dividendenperlen nach vier anderen Kriterien:
- Intaktes Geschäftsumfeld.
- Solider Geschäftszyklus in einer Expansionsphase.
- Solide Bilanz.
- Langfristige Dividendenpolitik.
13 grosskapitalisierte und 21 mittlere und kleine Titel genügen diesen Anforderungen, wie die Bank Vontobel in einer Studie im August darlegte. saldo hat daraus neun grosse und sechs kleinere Titel ausgewählt, bei denen Anleger auf der sicheren Seite sein sollten (siehe Tabelle).
Die Bank Sarasin setzt bei der Beurteilung der Dividendentitel auf ein stabiles Wachstum der Firmen. Fünf bis zehn Jahre Gewinnwachstum müssen sie ausweisen. «Da sieht man, welches Unternehmen auch in der Rezession gut bestanden hat», sagt Philipp E. Bärtschi von der Basler Privatbank. Daneben beurteilt die Bank, ob die Dividendenpolitk nachhaltig und das Unternehmen seriös finanziert ist.
Grosse Firmen wie Nestlé oder Roche sind starke Dividendentitel. Oder auch Nahrungsmittelhersteller und Pharmakonzerne, die traditionell moderat, aber stetig wachsen: Novartis hat seit der Gründung 1997 die Dividende Jahr um Jahr erhöht. 2010 betrug sie sogar 4 Prozent.
Banken: Hohe Renditen, aber keine Dividenden für Aktionäre
Auch Geberit achtet auf eine konstante Ausschüttungspolitik. Der führende Sanitärtechniker in Europa hat die Dividende seit 1999 laufend erhöht. Nur 2001 blieb sie unverändert. In den letzten fünf Jahren schüttete der Konzern jeweils 50 Prozent des Nettogewinns aus.
Eine Übersicht zeigt, dass die Dividende im langfristigen Schnitt 30 oder mehr Prozent des Gesamtertrags eines Aktien-Engagements ausmacht. Zurzeit beträgt die Dividendenrendite von Schweizer Aktien 3,6 Prozent. Seit 1973 sind die Kurse im Schweizer Aktienmarkt jährlich um 5 Prozent gestiegen, während die Dividende jeweils 2,2 Prozent betrug – total 7,2 Prozent.
Vorsicht: Auch ehemalige Dividendenperlen können ein erhebliches Risiko bergen. Sarasin-Ökonom Bärtschi rät: «Finger weg von den Banken.» Diese würden zwar hohe Renditen erwirtschaften, aber keine Dividende mehr ausschütten.
Auch für Dividendentitel gilt generell: Nicht zu stark auf einzelne Titel setzen, sondern diversifizieren. Und die Steuern auf den Dividenden einkalkulieren.