Marianne Althaus, hat ein Kran einen Lift?
Nein (lacht).
Wie kamen Sie jeweils nach oben in die Kabine?
Auf einer Leiter. Das brauchte viel Kraft in den Armen.
Wie lange dauerte es, bis Sie oben waren?
Das hing von der Kranhöhe ab. Einmal kletterte ich auf einen 80 Meter hohen Kran. Das dauerte fast 15 Minuten. Normalerweise arbeitete ich auf 35 bis 45 Metern Höhe. Da brauchte ich rund 7 Minuten.
Fielen Sie nie hinunter?
Doch, einmal. Ich war oben und musste dringend zur Toilette. Es war eiskalt und regnete. Auf der Leiter bildete sich Eis. Auf dem letzten Meter rutschte ich aus, fiel hinunter und brach mir den Arm.
Hatten Sie nie Angst?
Das Hochklettern machte mir irgendwann nichts mehr aus. Schlimmer wars, wenn ich ans vordere Ende des Auslegers klettern musste. Einmal verfing sich dort das Seil eines anderen Krans. Als ich es löste, «spickte» mein Kran zurück. Ich musste mich festhalten und warten, bis er weniger schwankte.
Das klingt ja abenteuerlich ...
Das Adrenalin verdrängte die Angst. Ich zwang mich, nicht an die Gefahr zu denken, sondern zu handeln. Erst als ich zurück in der Kabine war, schlotterten meine Knie.
Was passiert bei starkem Wind?
Das ist krass. Man sitzt in der kleinen Kabine und der ganze Kran schwankt. Einmal windete es so stark, dass der schwere Behälter mit Beton stark hin und her pendelte. Ich musste warten, bis die Bö vorbei war. Ich fühlte mich völlig machtlos.
Da oben waren Sie ganz allein. Machte Ihnen das nichts aus?
Meine gesellige Seite musste ich ausblenden. Aber ich schätzte auch, dass ich Ruhe hatte. Es braucht viel Konzentration, wenn man eine schwere Last von einem Ort zum anderen bewegt. Das ist Millimeterarbeit.
Als Frau hatten Sie es vermutlich besonders schwer.
Ich trat burschikos auf. Das machte den Männern wohl Eindruck. Manchmal funktionierte es aber nicht und ich musste die Baustelle wechseln.
Was faszinierte Sie am Beruf?
Als ich das erste Mal auf einen Kran stieg, dachte ich: Wow. Ich liebte es, diese mächtige Maschine unter Kontrolle zu haben. Die Leute waren beeindruckt, wenn ich von meinem Beruf erzählte. Das gefiel mir.
Sie arbeiten nicht mehr als Kranführerin. Weshalb?
Ich war oft am Limit. Die Kombination von gefährlicher Arbeit und Männerberuf ist hart. Vor fünf Jahren war ich ausgebrannt und hatte einen nervlichen Zusammenbruch. Heute gehts mir besser. Doch arbeiten kann ich noch immer nicht.
Zur Person: Marianne Althaus
Sie war 17, als ihr Bruder sie auf eine Baustelle mitnahm. Er war dort Polier. Althaus war sofort vom Kran fasziniert und meldete sich für den Kranführerkurs an. Die Thunerin arbeitete 21 Jahre lang Vollzeit auf Baustellen im Kanton Bern. Nach der Geburt ihrer Tochter arbeitete sie elf Jahre Teilzeit.