Ferienreisen - Wo Exotik ihre Grenzen hat
Inhalt
saldo 13/2000
30.08.2000
Wie viel Natur ist für Feriengäste zumutbar, wo beginnt der Dreck? Wer in exotische Länder reist, muss gewisse Überraschungen in Kauf nehmen.
Helga Stoll und Trudi Schär wollten sich ein besonderes Ferienvergnügen gönnen. Sie buchten einen Bungalow an einem naturbelassenen Strand am Indischen Ozean.
Der Ozean brandete indessen so gewaltig, dass sich die beiden Frauen nicht ins Wasser wagten. Auch die Natur war ihnen eine Spur zu natürlich: Eines Abends glotz...
Wie viel Natur ist für Feriengäste zumutbar, wo beginnt der Dreck? Wer in exotische Länder reist, muss gewisse Überraschungen in Kauf nehmen.
Helga Stoll und Trudi Schär wollten sich ein besonderes Ferienvergnügen gönnen. Sie buchten einen Bungalow an einem naturbelassenen Strand am Indischen Ozean.
Der Ozean brandete indessen so gewaltig, dass sich die beiden Frauen nicht ins Wasser wagten. Auch die Natur war ihnen eine Spur zu natürlich: Eines Abends glotzte ein Gecko aus dem Dachgebälk, und ein andermal versetzte eine Maus (oder war es eine Ratte?) Trudi in Angst und Schrecken. Der erdige Dreck am Boden, Stechmücken und Kakerlaken gaben den beiden den Rest.
Sie kamen frustriert nach Hause und verlangten vom Reisebüro einen Teil ihres Geldes zurück: "Das waren nicht Ferien, das war Horror", kommentierte Helga. Weil für die Mängel ungenügende Beweise und keine Zeugen vorlagen, trat der Reiseveranstalter nicht auf die Klage ein. Ein Ozean werfe halt Wellen, belehrte er seine Kundinnen. Und für naturliebende Menschen seien ein harmloser Gecko oder ein putziges Mäuschen willkommene Hausgäste. Nicht das Programm sei hier problematisch, sondern die zivilisationsverwöhnten Damen.
Gewiss: Wer an einem naturbelassenen Strand Erholung sucht, darf kein steriles Disneyland erwarten. Im offenen Bungalow in den Tropen müssen hin und wieder ein Gecko oder sogar ein Skorpion als Untermieter in Kauf genommen werden.
Umgekehrt darf der Reiseveranstalter die Not nicht zur Tugend machen: Bei aller Natürlichkeit dürfen mangelnde Hygiene oder der Kampf gegen Mücken und Kakerlaken nicht als exotisches Abenteuer "verkauft" werden. Dreck ist Dreck und Ungeziefer ist Ungeziefer - das gilt in Indien genauso wie in der Schweiz. Und das muss sich niemand gefallen lassen.
Hans Ruedi Schmid