Finanzanalysten verfolgen die Kurse von Aktien an den Börsen und machen ­Prognosen, wie sich die Kurse in Zukunft entwickeln. Viele Anleger orientieren sich bei ihren Entscheiden an solchen Vorhersagen. Das ist riskant, wie der Wirtschaftsethnologe Stefan Leins von der Universität Zürich nachweist. Er erforschte zwei Jahre lang in einer Schweizer Grossbank die Arbeit von Finanz­analysten. Die Ergebnisse veröffentlichte er im Buch «Stories of Capitalism». 

Fakt ist: Die Empfehlungen von Finanz­analysten erweisen sich oft als falsch. ­Deshalb fragte sich Leins, warum Finanzanalysten überhaupt als glaubwürdig gelten. Seine Erkenntnis: «Es spielt gar keine grosse Rolle, ob die Prognosen zutreffen oder nicht. Die Anleger brauchen einen Kompass, um sich zu orientieren. Sonst ertragen sie die Un­sicherheit an den Märkten nur schwer.»

 «Finanzanalysten erzählen Geschichten und passen ihr Szenario ständig der ­Aktualität an», sagt der Forscher. Auf die Frage, wie sie zu ihren Einschätzungen und Prognosen kämen, wüssten sie keine schlüssigen ­Antworten – das sei eine Instinktsache. Man müsse den «Markt spüren».

Leins stellte auch fest, dass viele Analysten von Banken deutlich mehr Kauf- als Verkauf­empfehlungen abgeben. Kein Wunder: Mit Gebühren – zum Beispiel für ein Depot und einen Fonds – verdienen die Banken mehr Geld, als wenn die Anleger ihr Vermögen auf einem Sparkonto behalten.

Deshalb gilt: Man kann die Ratschläge von «Experten» durchaus lesen und zur Kenntnis nehmen. Aber sie zu befolgen kann ins Geld gehen. Übrigens: saldo verzichtet konsequent auf Prognosen.