Fonds-Policen: Nur Vermittler und Versicherer gewinnen immer
Ein AWD-Finanzberater dreht einem 23-Jährigen eine fondsgebundene Lebensversicherung an. Vertragsdauer: 42 Jahre. Für ledige junge Leute ohne Kinder ist das ein teurer Unsinn. Und bei einer vorzeitigen Kündigung droht der Totalverlust.
Inhalt
K-Geld 06/2009
06.12.2009
Letzte Aktualisierung:
08.12.2009
Bernhard Bircher
Bruno Wenger (Name geändert) aus Schliern BE traf mit 23 Jahren einen folgenschweren Entscheid: Er liess sich von einem AWD-Finanzberater eine fondsgebundene Lebensversicherung (Fondspolice) der Aspecta aufschwatzen. Dabei wird eine Todesfallversicherung mit einem Sparteil kombiniert. Der Sparteil wird in Anlagefonds investiert und schwankt deshalb mit dem Auf und Ab an der Börse.
Jährlich werden 3600 Franken Prämie fällig
Bruno Wenger (Name geändert) aus Schliern BE traf mit 23 Jahren einen folgenschweren Entscheid: Er liess sich von einem AWD-Finanzberater eine fondsgebundene Lebensversicherung (Fondspolice) der Aspecta aufschwatzen. Dabei wird eine Todesfallversicherung mit einem Sparteil kombiniert. Der Sparteil wird in Anlagefonds investiert und schwankt deshalb mit dem Auf und Ab an der Börse.
Jährlich werden 3600 Franken Prämie fällig
Wenger verpflichtete sich, bis zur Pensionierung im Jahr 2047 jährlich 3600 Franken Prämie zu zahlen. «Meine Absicht war es, früh fürs Alter vorzusorgen», sagt er. Mit der Prämie berappt er auch einen sinnlosen Todesfallrisiko-Schutz. Bei Vertragsabschluss im Mai 2005 war Wenger Single und hatte keine Kinder. Das muss sein AWD-Berater gewusst haben. Die Finanzdienstleistungsfirma AWD gehört mittlerweile dem Schweizer Versicherungsunternehmen Swiss Life. Andreas Bonifazi ist Leiter Kommunikation bei AWD und schreibt zum Vorgehen des Beraters: «Es hat Vorteile, einen Todesfallschutz früh einzuschliessen.» Denn die jährliche Prämie würde sich bei einem höheren Eintrittsalter verteuern.
Der AWD-Berater dachte im Gespräch mit Wenger aber wohl eher an seine Vermittlungsprovision. Deren genaue Höhe bleibt aber Geschäftsgeheimnis. Bonifazi bestätigt lediglich, dass Geld geflossen war. Gemäss Recherchen der Schweizer Konsumentenzeitschrift «Saldo» (Ausgabe 19/2009) betragen die Provisionen bei Lebensversicherungen zwischen 2,8 und 3,5 Prozent der Gesamtprämie. Bis Wenger 65 Jahre alt ist, hätte er insgesamt 151 200 Franken einbezahlt. Somit dürfte der Berater für den Vertragsabschluss mit Wenger über 5000 Franken Provision erhalten haben.
Eine Lebensversicherung ist nicht nur für die Vermittler ein lukratives Geschäft, sondern auch für die diversen Anbieter: Die Schweizer Versicherer kassierten letztes Jahr alleine für Lebensversicherungen satte 29,6 Milliarden Franken Prämien. Das belegen die neusten Zahlen des Schweizerischen Versicherungsverbandes. Im Fall Wenger ist aber nicht nur der unsinnige Todesfallschutz stossend, sondern auch die lange Vertragsdauer: Junge Leute sollten keine langfristigen Verträge mit Einzahlungszwang abschliessen. Denn sie wissen aufgrund einer meist noch unklaren beruflichen und privaten Zukunft nicht, ob sie die Prämien stets berappen können.
Wer frühzeitig aussteigen muss oder will, riskiert zudem einen Totalverlust: Bei Kündigung in den ersten zwei Jahren nach Vertragsabschluss hätte Wenger bei der Aspecta zum Beispiel keinen Rappen erhalten. Hätte der junge Mann per 1. November 2009 den Vertrag gekündigt, sähe es nicht viel besser aus: Nach Angaben der Aspecta wären ihm 4760 Franken ausbezahlt worden – bei bis dahin geleisteten Einzahlungen von 15 600 Franken. Wenger hätte rund 70 Prozent sei-ner Einzahlungen verloren. «Der Berater hat nicht in meinem Interesse gehandelt und mich abgezockt», sagt er rückblickend.
Für die Anbieter hingegen sind die tiefen Rückkaufbeträge ein tolles Geschäft. Recherchen von K-Geld belegen, dass je nach Versicherung weit über die Hälfte aller Versicherten ihre Police vor Vertragsablauf kündigt. Dass Wenger schlecht beraten wurde, machte ihm aber erst die Aspecta-Jahresabrechnung 2008 klar: Obwohl er seit Mai 2005 insgesamt 12 000 Franken Prämien einbezahlt hatte, wurde sein angehäuftes Sparkapital gemäss seinen Angaben bloss mit 2800 Franken ausgewiesen. Er ärgert sich: «Ich habe 9200 Franken in eine Blackbox einbezahlt.»
K-Geld hat schon mehrmals aufgezeigt, dass Fondspolicen für Anleger häufig ein schlechtes Geschäft sind: Wer mit einer Versicherung spart, zahlt hohe Spesen. Versicherer kassieren bis zu einer Jahresprämie für Abschluss-, Risiko- und Verwaltungskosten sowie Gebühren. In einer Börsenbaisse kann der Sparteil respektive der Fondswert einer Police zudem massiv an Wert verlieren.
Nur reine Risiko-Versicherungen abschliessen
Thomas Metzger vom VZ Vermögenszentrum in Zürich sieht mehrere Gründe, keine Sparversicherungen abzuschliessen. «Die garantierten Zinsen sind meist unattraktiv, die Laufzeiten lang und die Verträge unflexibel. Das Kleingedruckte ist zudem oft zum Nachteil des Kunden formuliert.» Er empfiehlt, nur reine Risikoversicherungen abzuschliessen, also Todesfall oder Invalidität. Die Prämien sind relativ günstig und man braucht nur einzuzahlen, solange ein Todesfallkapital oder eine Rente wichtig sind. Das ist viel flexibler als eine Fondspolice mit periodischen Sparbeiträgen.
Wenger sagt, der AWD-Berater habe ihm 10 Prozent Rendite versprochen. Auf solche Gewinnprognosen ist selten Verlass: In schlechten Börsenjahren wurde in Einzelfällen weniger Geld ausgezahlt, als ursprünglich einbezahlt worden war. In den Verkaufsprospekten ist zudem meist vermerkt, dass es sich bei den Prognosen über die Fondsentwicklung um unverbindliche Angaben handelt. Die Versicherungen wälzen das Börsenrisiko ausserdem auf den Kunden ab. Die Versicherung gewinnt immer, der Kunde nur bei gutem Börsenverlauf.
In der Geschichte von Bruno Wenger gibt es immerhin einen kleinen Lichtblick: Er ist mit 27 Jahren Vater geworden. So macht die ursprünglich sinnlose Todesfallrisiko-Versicherung nun eher Sinn. Denn gemäss Aspecta ist ein Wert in Wengers Fondspolice garantiert: 178 000 Franken erhält sein Kind unabhängig von der Börsenentwicklung – falls er vorzeitig stirbt.
Tipps: Das müssen Sie bei Fondspolicen beachten
- Speziell für junge Leute gilt: Keine Fondspolicen abschliessen. Das ist sinnlos, denn sie binden sich finanziell für Jahrzehnte!
- Holen Sie mehrere Offerten ein.
- Klären Sie vor Vertragsabschluss, ab wann die Police einen Rückkaufswert hat und wie hoch er ist.
- Rechnen Sie nicht damit, dass prognostizierte Überschüsse eingehalten werden. Niemand weiss, wie sich die Kapitalmärkte in den nächsten 10 oder 20 Jahren entwickeln.
- Wer mit Fonds sparen will und keinen Versicherungsschutz braucht, wählt besser einen kostengünstigen Fondssparplan einer Bank.
- Sparen und versichern trennen: Sparen bei der Bank, Versicherung gegen Tod und Invalidität bei einer Versicherungsgesellschaft. So bleiben Sie flexibler und kommen günstiger weg.
- Erkundigen Sie sich vor Abschluss, ob bei einem Fondswechsel oder beim Verkauf des Fonds Kosten anfallen.