Garantiert geringe Gewinnchancen
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saldo 7/2000
12.04.2000
Nach dem Strafprozess steht der Garantie-Versand erneut vor Gericht: Ein Betroffener hat die dubiose Firma eingeklagt.
Traumreisen in die Karibik", "40 000 Franken in bar" oder "56 000 Franken: Wir haben für Sie bereits ein Sparbuch eingerichtet!" Seit Jahren lockt der Garantie-Versand mit solchen Verheissungen Kunden an: Der Gewinn werde nur ausbezahlt, wenn gleichzeitig Artikel aus dem Katalog bestellt werden, steht im Kleingedruckten. Auf den angepriesenen Gewinn warten die ...
Nach dem Strafprozess steht der Garantie-Versand erneut vor Gericht: Ein Betroffener hat die dubiose Firma eingeklagt.
Traumreisen in die Karibik", "40 000 Franken in bar" oder "56 000 Franken: Wir haben für Sie bereits ein Sparbuch eingerichtet!" Seit Jahren lockt der Garantie-Versand mit solchen Verheissungen Kunden an: Der Gewinn werde nur ausbezahlt, wenn gleichzeitig Artikel aus dem Katalog bestellt werden, steht im Kleingedruckten. Auf den angepriesenen Gewinn warten die vermeintlichen Glückspilze in der Regel vergeblich.
Solch aggressive Verkaufsmethoden sind illegal, hat das Bezirksgericht Kreuzlingen Ende März in einem Strafprozess entschieden. Das Gericht verurteilte den Verwaltungsratspräsidenten des Garantie-Versandes, Jürgen-Volker Ern, wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über unlauteren Wettbewerb sowie Verstosses gegen das Lotteriegesetz. Strafmass: zehn Wochen Gefängnis bedingt und 50 000 Franken Busse.
Dies wird die dubiosen Praktiken aber vorläufig kaum stoppen: Die Anwälte des Verurteilten haben angekündigt, das Urteil ans Obergericht weiterzuziehen. Der Garantie-Versand betreibt ein lukratives Geschäft: Die Firma rechnet mit 3,5 bis 4 Millionen potenziellen Käufern in der Schweiz.
Garantie-Versand musste Beweise über ausbezahlte Gewinne erbringen
Einer davon ist Hansjakob Lehmann. Dank ihm ist beim Bezirksgericht Kreuzlingen ein zweites Verfahren hängig. Vergangenen September reichte er gegen die Garantie-Versand AG eine Zivilklage ein. "50 000 Franken Gewinn wurden mir versprochen, trotz meiner Bestellung habe ich aber nie einen Rappen gesehen. Das ist eine Sauerei", empört er sich. "Ich erhoffe mir, mit der Klage mindestens zu erreichen, dass der Garantie-Versand nicht weiter die Gutgläubigkeit vorwiegend älterer Leute schamlos ausnützen kann."
Nach der Verurteilung im Strafverfahren steht die dubiose Firma auch im jetzigen Zivilprozess unter Druck. Aus dem bisherigen Beweisverfahren geht bereits hervor, dass der Garantie-Versand die gross angekündigten fünf Hauptgewinne von 2500 bis 50 000 Franken gar nicht ausbezahlt hat.
Die Erklärung des Unternehmensanwalts: Die ausgelosten Gewinner hätten auf die Gewinnmitteilung nicht reagiert.
Jetzt hat das Gericht den Garantie-Versand noch verpflichtet, den Beweis dafür zu erbringen, dass die Gewinner auch tatsächlich benachrichtigt worden sind. Dazu will sich Verwaltungsratspräsident Jürgen-Volker Ern gegenüber saldo nicht äussern.
Marc Meschenmoser