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saldo 4/2001
28.02.2001
Dubiose ausl?ndische Versandh?ndler k?mpfen mit allen Mitteln um Schweizer Kunden. Eine der perfidesten ist die Firma Friedrich Mueller Wien.
Saldo-Leser A. M. aus Meilen versteht die Welt nicht mehr: ?ber Monate hinweg erh?lt er von der Firma Friedrich Mueller Wien garantierte Gewinnauszahlungen. Jedes Mal fordert er den Gewinn ein und legt wie verlangt f?nf Franken in Briefmarken bei. Doch Geld hat er bis jetzt keines gesehen.
Auch Trudi Meier (Jahrgang 1921) kon...
Dubiose ausl?ndische Versandh?ndler k?mpfen mit allen Mitteln um Schweizer Kunden. Eine der perfidesten ist die Firma Friedrich Mueller Wien.
Saldo-Leser A. M. aus Meilen versteht die Welt nicht mehr: ?ber Monate hinweg erh?lt er von der Firma Friedrich Mueller Wien garantierte Gewinnauszahlungen. Jedes Mal fordert er den Gewinn ein und legt wie verlangt f?nf Franken in Briefmarken bei. Doch Geld hat er bis jetzt keines gesehen.
Auch Trudi Meier (Jahrgang 1921) konnte ihr Gl?ck kaum fassen: "Auch wenn es 79 Jahre gedauert hat. Heute haben Sie Gl?ck. Sie haben schon heute die sfr 200 000 in bar gewonnen", versprach Friedrich Mueller Wien. Dazu kam noch eine tolle Gelegenheit f?r einen Schn?ppchenkauf. Zusammen mit der Gewinneinforderung konnte Trudi Meier einen Luftionisator f?r 199 Franken bestellen. Zahlbar per Nachnahme oder im Voraus.
Die Masche: Aussicht auf tolle Schn?ppchen
Einmal erhielt A. M. aus Meilen folgendes Schreiben: "Wenn Sie noch heute mit beiliegender Gewinn-Anforderung antworten, bekommen Sie Ihren Gewinn bis sp?testens 31. Dezember 2000 zugestellt. Ihr anteiliger nicht obligatorischer Organisationsbeitrag f?r die Bearbeitung, Zustellung, Versicherung, Steuern, etc. Ihres Gesamtgewinnes betr?gt lediglich sfr 100.-. Sie erhalten unwiderruflich ein funkelnagelneues Auto oder ein Sparbuch ?ber sfr 10 000,00 oder eine Venedig-Reise f?r zwei Personen oder eine Wohnzimmer-Einrichtung. Sie k?nnen die sfr 100,- in beiliegendes Antwort-Kuvert legen." Bis heute wartet A. M. auf einen der tollen Gewinne.
Eine besondere Masche von Friedrich Mueller: Er verbindet die Gewinneinforderung mit einem tollen Schn?ppchenkauf. saldo-Leser A. M. wurden 200 000 Franken in Aussicht gestellt. Mit dieser Mitteilung erhielt er einen billigen Kitschring, im Begleitschreiben hiess es: "Bei Friedrich Mueller gewinnen Sie wirklich." Und dann weiter unten: "Wenn Sie diesen Brief umdrehen, sehen Sie den wirklich herrlichen Ring ‹Fr?hling in Paris› (meine Herzdame tr?gt ihn besonders gerne ... und die phantastisch sch?ne Halskette ‹Kaiserin Elisabeth› (der Stolz unserer gesamten Kollektion)... und die elegante Armkette ‹Lebensgl?ck› (mit der M?glichkeit einer Namens-Gravur)! Ring, Halskette und Armkette sind echt vergoldet. Ja, Sie k?nnen diese Schmuckst?cke haben - zu einem geringen Aufpreis. Ich h?re schon Ihre Nachbarn fl?stern: ‹Schaut euch doch Herrn M. an, dieser Schmuck muss doch viel gekostet haben.› Und Sie, lieber Herr M., werden nur ganz stolz in sich hineinl?cheln..., ‹wenn die w?ssten, wie g?nstig ich das von Friedrich Mueller habe ...›."
Inzwischen ist A. M. das Lachen vergangen. Auch vielen Geprellten, die auf den neuesten Trick hereingefallen sind. Einen Monat lang muss man t?glich eine bestimmte Telefonnummer anrufen, so steht es in den Unterlagen einer Firma IVH aus Wien, deren Drahtzieher identisch ist mit jenem der Friedrich Mueller Wien. Pro Minute bezahlt man maximal Fr. 4.23, daf?r locken Gewinne von knapp 67 500 Franken. Der Haken dabei: Bis man merkt, dass man nichts gewonnen hat, sind die Telefongeb?hren schnell auf ?ber zwanzig Franken angestiegen.
Die Drahtzieher sind keine Unbekannten
Auch dieses Gl?cksspiel dient lediglich zur Anpreisung des Versandhandels. Welch ein Zufall: Direktor von IVH und Friedrich Mueller ist Gerhard Bruckberger. Kein Unbekannter: Bei dem ?sterreicher handelt es sich um den Neffen von Erich Bruckberger. Beide waren in den 80er- und 90er-Jahren in den Millionenschwindel um den Hellseher Hanussen verwickelt.
Schon damals operierten die Hinterm?nner Hanussens mit den gleichen Tricks wie heute. Und schon damals hatte die Friedrich Mueller AG ihre H?nde im Spiel. So funktionierte es: Hanussen schrieb die Leute an, versprach ihnen Gewinne wie "In nur 30 Tagen um rund Fr. 50 000 reicher!". Im Begleitbrief riet der Hellseher: "Nehmen Sie teil an Gewinnspielen!" Gerade Menschen, die schon in Schwierigkeiten steckten, fassten Vertrauen. Noch vor Ablauf der 30 Tage kam dann die frohe Botschaft der Friedrich Mueller AG: "Sie haben gewonnen ..."
Um an den Gewinn zu kommen, mussten die Leute jedoch zuerst etwas bestellen. Im Vertrauen auf die hellseherischen F?higkeiten von Hanussen kauften die gutgl?ubigen Menschen Meditationsringe, Magnete oder das Hanussen-Lebensbuch.
Einforderungen von Gewinnen landeten im Papierkorb
Was sie alle nicht wussten: Die Briefe mit den Einforderungen f?r irgendwelche Gewinne und die Bestellungen wurden am gleichen Ort in Vaduz von Hausfrauen sortiert. Die Gewinneinforderungen landeten direkt im Papierkorb. Das schildert eine ehemalige Mitarbeiterin gegen?ber saldo. Sie erinnert sich, dass t?glich zwischen 20 000 und 30 000 Briefe eintrafen. Manchmal enthielten sie insgesamt ?ber 100 000 Franken in Bargeld und Checks. Der Hanussen-Versand wurde bis 1991 in der Schweiz und in Liechtenstein organisiert. Aber nach gerichtlichen Betriebsschliessungen und der Verhaftung eines f?hrenden Mitarbeiters zog die Firma nach Wien.
Jetzt droht dem Unternehmen neues Ungemach. Der Verein f?r Konsumenteninformation hat in ?sterreich gegen die Friedrich Mueller Wien wegen irref?hrender Gewinnzusagen geklagt.
Max Fischer