Es war einer der grössten ­Medizinskandale der letzten Jahre: Ende 2010 musste die ­Firma DePuy 93000 künstliche Hüftgelenke zurückrufen. Patienten bekamen grosse Probleme, weil sich Hüftgelenke lockerten. Zudem verursachte der Abrieb der Metallteile Schmerzen und Entzündungen. Der Gesundheitstipp berichtete im Juni 2011 darüber. Auch heute noch sind die DePuy-Gelenke im Fokus der Medienberichte.

Patienten müssten befragt werden

Ärzte forderten damals ein Implantatregister, in dem alle neu implantierten Gelenke erfasst werden. Solche Register helfen in Ländern wie Schweden, die Qualität der Prothesen zu vergleichen. Seit sechs Jahren gibt es auch in der Schweiz ein Implantatregister.

Doch Fachleute kritisieren: Das Schweizer Register hat das Problem nicht gelöst. Orthopäde Luzi Dubs aus Winterthur ZH sagt: «Die Idee ist grundsätzlich gut. Es gibt aber Mängel.» Das Register müsste, so Dubs, nicht nur Operationen erfassen, sondern auch die Lebensqualität der Patienten mit regelmässigen Nach­kontrollen dokumentieren.

Und Niklaus Friederich, Leitender Arzt Orthopädie am Universitätsspital Basel, sagt: «Ein ­Register funktioniert nur dann wissenschaftlich einwandfrei, wenn ausnahmslos alle Implan­tate, sämtliche Zweitoperationen und andere wichtige Ereignisse wie das Versagen von Implantaten darin eingetragen werden.» Das sei in der Schweiz aber noch nicht der Fall.

Kritik wird auch laut am Stiftungsrat des Implantatregisters. Präsident ist der Berner Chirurg Max Aebi. Er geriet kürzlich in die Schlagzeilen. Patienten litten an grossen Problemen, nachdem sie künstliche Bandscheiben erhielten, die er mitentwickelt hatte. Niklaus Friederich sagt: «Max Aebi ist aufgrund der Medien­berichte befangen. Er müsste vom Amt zurücktreten oder sich zumindest dispensieren lassen, bis alle Fragen zu den Bandscheiben­implantaten geklärt sind.»

Der Nationale Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken gab den Anstoss für die Gründung des Registers. Er entgegnet, alle Spitäler seien zur Teilnahme verpflichtet. Bis anhin seien rund 95 Prozent aller implantierten Hüft- und Knie­-­gelenke erfasst worden. Die Geschäftsstelle des Implantatregisters sagt, mindestens ebenso wichtig wie das Registrieren von Nachkontrollen sei, dass eine unabhängige Stelle die Patienten vor und nach der Operation befragt. In Basel und Zürich habe man Pilotprojekte gestartet.

Der Stiftungsrat des Implantatregisters trifft sich in diesen Tagen zu einer ausserordentlichen Sitzung, um über das weitere Vorgehen nach der Kritik an Präsident Max Aebi zu entscheiden.