Kommentar - Das Gejammer der Börsenlieblinge
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saldo 10/2000
24.05.2000
Das Spiel läuft stets gleich ab: Behörden klopfen einer Hochpreisbranche auf die Finger. Diese setzt zum kollektiven Gejammer an und malt in düsteren Farben ihren Untergang an die Wand.
Am besten versteht sich die Pharmabranche aufs Jammern: Wann immer der Preisüberwacher die hohen Schweizer Medikamentenpreise senken will, treten Lobbyisten auf den Plan.
Neu im "Jammeri-Club" sind auch die drei Schweizer Mobilfunkanbieter. Vergangene Woche kündigte die Wettbew...
Das Spiel läuft stets gleich ab: Behörden klopfen einer Hochpreisbranche auf die Finger. Diese setzt zum kollektiven Gejammer an und malt in düsteren Farben ihren Untergang an die Wand.
Am besten versteht sich die Pharmabranche aufs Jammern: Wann immer der Preisüberwacher die hohen Schweizer Medikamentenpreise senken will, treten Lobbyisten auf den Plan.
Neu im "Jammeri-Club" sind auch die drei Schweizer Mobilfunkanbieter. Vergangene Woche kündigte die Wettbewerbskommission die längst fällige Untersuchung gegen Swisscom, Diax und Orange an. Sie will wissen, warum Anrufe übers Handy bei allen drei Firmen fast gleich viel kosten. Keine Spur von freiem Markt.
Die Anbieter rechtfertigen die hohen Preise mit teuren Investitionen für den Netzaufbau, die noch nicht amortisiert seien. Als ob ein Unternehmen innerhalb zweier Jahre seine Kosten einspielen müsste. Schon gar nicht in einem Markt, der förmlich explodiert: Über drei Millionen Schweizer telefonieren bereits mobil.
Was Wunder, dass die Branche zu den absoluten Börsenlieblingen gehört: Anlageberater empfehlen die Aktien der Telekom-Gesellschaften zum Kauf, Börsenblätter schwärmen vom "Potenzial der Titel".
Genau das Gleiche gilt für die Pharmabranche. Die meisten Analysten empfehlen Novartis, Roche und andere Pharmaaktien zum Kauf- weil die Gewinnaussichten so rosig sind. Merke: Willst du über Kosten und Gewinne die Wahrheit wissen, so lese die Finanzpresse.
Hansjörg Utz
Redaktionsleiter Kassensturz