Martha Emmenegger, 77: «Sex nudelt alle Sinne durch»
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Gesundheitstipp 3/2001
01.03.2001
Die Sexberaterin über Intimität, Hormon-Gel und Liebe im Alter
Ihre Kinder hat Martha Emmenegger altmodisch aufgeklärt. Aber als «Liebe Martha» nahm sie nie ein Blatt vor den Mund. «Arbeit und Sex halten jung», sagt die vitale 77-Jährige. Und ihr glaubt man dies aufs Wort.
Frau Emmenegger, nahmen Sie in den Wechseljahren Hormone?
Ja, bis vor ein paar Jahren. Mir taten sie gut - der Haut, der Laune, dem Körper. Jetzt streiche ich fünfmal pro ...
Die Sexberaterin über Intimität, Hormon-Gel und Liebe im Alter
Ihre Kinder hat Martha Emmenegger altmodisch aufgeklärt. Aber als «Liebe Martha» nahm sie nie ein Blatt vor den Mund. «Arbeit und Sex halten jung», sagt die vitale 77-Jährige. Und ihr glaubt man dies aufs Wort.
Frau Emmenegger, nahmen Sie in den Wechseljahren Hormone?
Ja, bis vor ein paar Jahren. Mir taten sie gut - der Haut, der Laune, dem Körper. Jetzt streiche ich fünfmal pro Woche Östrogen-Gel auf den Bauch.
Künstliche Östrogene stehen im Verdacht, Krebs zu fördern. Hat Sie das nicht beunruhigt?
Nein. Als ich anfing, fehlte es noch an Warnungen. Ich spüre nicht die geringsten Nebenwirkungen, mein Lebensgefühl jetzt ist eindeutig besser.
Hält Sex jung?
Ja sicher. Sex ist ein Jungbrunnen und nudelt alle Sinne durch. Auch nach langen Pausen verlernt man nicht, Lust zu haben.
Was erregt Sie?
Das Vorspiel muss stimmen: ein netter Abend, Zeit haben, anregende Gespräche, ein - auch geistig - fitter Partner. Dann natürlich Berührungen, Streicheln, einander die Vorlieben zuflüstern.
Nimmt Ihre sexuelle Aktivität mit zunehmendem Alter ab?
Ja. Alles geht etwas langsamer. Der Orgasmus ist kürzer, aber spitzer. Ich werde nicht mehr so schnell feucht.
Haben Sie einen festen Partner?
Nein, im Moment nicht. Einem guten «One Night Stand» bin ich jedoch nicht abgeneigt.
Gibt es sexuelle Praktiken, die Sie ablehnen?
Nein. Vorausgesetzt, es macht beiden Spass. Bisher wollte keiner meiner Partner verrücktes Zeug mit mir machen.
Wie gross und wie schwer sind Sie?
Laut Pass bin ich 1,67 m gross. Inzwischen bin ich aber mindestens drei Zentimeter geschrumpft. Ich wiege 56 Kilo. Zum Glück neige ich nicht zum Dickwerden.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Körper am besten?
Meine Figur. Mit ihr bin ich recht zufrieden.
Ihr ganz persönlicher Schönheits-Tipp?
Ein gutes Gemüt, eine positive Einstellung auch gegenüber Mitmenschen - das macht schön. Schönheitsoperationen lehne ich ab und teure Hautcremen finde ich überflüssig.
Rauchen Sie?
Ja, ein Päckli Zigaretten pro Tag.
Haben Sie schon probiert aufzuhören?
Natürlich, aber durchgehalten habe ich nie länger als ein halbes Jahr.
Hatten Sie einmal extreme Schmerzen?
Nicht körperliche, aber seelische. Ich hatte extrem schwierige Zeiten, in denen ich seelisch total am Boden war. Meine Ehe ging auseinander, ich musste beruflich einen Wiedereinstieg versuchen. Später spürte ich jeweils neue Kräfte. Ich glaube immer noch an das Wort meiner Mutter: Alles ist für etwas gut.
Wie häufig waren Sie das letzte Jahr beim Arzt?
Einmal. Ich muss alle zwei Jahre zum Arzt, damit ich weiterhin Auto fahren darf.
Waren Sie schon mal wegen psychischer Probleme beim Arzt?
Nach der Trennung von meinem Mann. Heute gehe ich an die frische Luft, wenn es mir nicht so gut geht.
Haben Sie Kinder?
Ja. Zwei Töchter und einen Sohn.
Wie lange dauerten die Geburten?
Elend lang! Es kam zu Dammrissen, die mich lange schmerzten. Bei der dritten Geburt machte der Arzt einen Dammschnitt. Das war besser.
Wie haben Sie Ihre Kinder aufgeklärt?
Altmodisch, zu wenig offen. Vor allem fand ich sexuelle Beziehungen immer verfrüht. Ich schimpfte, als meine Tochter schon im Gymi einen festen Freund hatte. Die Kinder werfen mir das heute noch vor!
Welchen Sport treiben Sie?
Ich schwimme zweimal pro Woche und wandere oft, gerne und zügig.
Wie viele Stunden Schlaf brauchen Sie?
Etwa acht. Ich bin eine komplizierte Schläferin. Einschlafen ist kein Problem, aber durchschlafen. Wenn ich weiss, dass ich früh aufstehen muss, werde ich nervös. Dann nehme ich eine halbe Schlaftablette.
Haben Sie einen Organspender-Ausweis?
Eben nicht! Kann man die Organe einer so alten Frau überhaupt noch brauchen?
Wie sind Sie versichert?
Halbprivat, mit einer Zusatzversicherung für Alternativmedizin, Chronischkrankenpflege und einer Notfall-, Kur- und Pflegeversicherung. Ich zahle monatlich 513 Franken Prämie.
Wie viele Stunden arbeiten Sie täglich?
Ganz unregelmässig. Bis 72 hatte ich ein volles Pensum beim Blick, aber auch jetzt kommen 8-stündige Arbeitstage vor. Nur ermüden sie mich stärker als früher die 12- oder 14-Stunden-Tage.
Hält Arbeit jung?
Ja! Vor allem, wenn man dabei auch die grauen Zellen braucht.
Mit welcher Frucht oder mit welchem Gemüse würden Sie sich vergleichen?
Mit einer Kastanie: Aussen stachelig und anspruchsvoll. Man(n) muss mich sorgfältig schälen.
Interview: Ursula Angst-Vonwiller