Wer zurzeit am Postschalter eine Quittung erhält – zum Beispiel für einen eingeschriebenen Brief –, bekommt gleichzeitig ein Zückerchen. Auf der Quittung steht: «CHF 300.– geschenkt beim Abschluss einer Lebensversicherung.» Im Kleingedruckten ist von «kapitalbildender Lebensversicherung» die Rede. Und man solle doch gleich am Schalter einen Termin für eine Beratung bei Postfinance abmachen.
Kunden zahlen Provision für die Post mit ihren Prämien
Hintergrund: Seit ein paar Jahren vermittelt die Post Lebensversicherungen der Axa Winterthur. Dafür erhält sie Provisionen. Die 300 Franken sind also kein echtes Geschenk. Die Post gibt lediglich einen Teil der Provisionen, die sie von der Axa Winterthur erhält, an die Kunden weiter.
Doch dieser Mechanismus bleibt den Postkunden verborgen. Wer sich beraten lässt und dann eine Offerte für eine Sparversicherung verlangt, erhält zwar viel Papier. Doch die Kosten, die der Kunde mit seinen Prämien zahlt, sind nicht aufgeschlüsselt. Dazu gehören die Kosten für Einrichtung und Verwaltung der Police, aber auch für den Vertrieb – also für die Provisionen, die an Postfinance gehen. Laien können nicht erkennen, dass sie diese Provision mit ihren Prämien selber zahlen. «Bauernfängerei» nennt das der unabhängige Finanzberater Bruno Dönni aus Lachen SZ.
Die Post sagt, die Provisionen lägen «im branchenüblichen Rahmen». Branchenüblich sind 1 bis 2 Jahresprämien. saldo hat die Post auch gebeten, anhand einer konkreten Offerte die erwähnten Kosten detailliert aufzuschlüsseln. Das hat die Post nicht gemacht.
saldo liegt eine Offerte vor, die eine 30-jährige Frau aus dem Raum St. Gallen erhalten hat, nachdem sie sich von Postfinance hatte beraten lassen. Offeriert wurde ein Axa-Produkt namens Protect Plan. Das sind die Gründe, warum ihr saldo von einem Abschluss abgeraten hat:
Lange Laufzeit
Protect Plan ist eine Sparversicherung – auch kapi-talbildende Lebensversicherung genannt. Diese kombiniert den Sparprozess mit einer Risikoabsicherung: Ein Teil der Prämie geht in den Spartopf, der andere geht zur Deckung des Versicherungsteils drauf (siehe unten).
Verkäufer solcher Policen überreden ihre Kunden immer wieder zu sehr langen Laufzeiten. Im konkreten Fall müsste die junge Frau 35 Jahre lang die vereinbarte Jahresprämie von 1500 Franken einzahlen. Vor allem junge Leute sollten sich nicht für so viele Jahre verpflichten.
Fehlende Flexibilität
Wer bei einer Sparversicherung nicht bis zum Ende durchhält, sondern frühzeitig kündigt, verliert viel Geld. Vor allem in den ersten Jahren ist der sogenannte Rückkaufswert enttäuschend tief, weil die Versicherung nicht amortisierte Kosten abzieht.
Unnötige Risikodeckung
Sparversicherungen enthalten in der Regel ein Todesfallkapital. Das heisst: Stirbt die versicherte Person während der Laufzeit, erhalten die Angehörigen bzw. Erben eine bestimmte Summe bar ausgezahlt. Gerade bei jungen Leuten ohne eigene Familie ist eine solche Deckung überflüssig. Denn das Geld ginge an die Eltern.
Der einzige Vorteil von Sparversicherungen: Wird der Sparer invalid, zahlt die Versicherung die Prämien weiter, und der Kunde erreicht sein Sparziel trotzdem. Auf den Offerten und Policen ist das mit «Prämienbefreiung bei Erwerbsunfähigkeit» bezeichnet. Die vielen Nachteile der Sparversicherung überwiegen aber diesen Pluspunkt.
Im konkreten Fall hat der Postfinance-Berater der jungen Frau eine Erwerbsunfähigkeitsrente von 12 000 Franken pro Jahr offeriert.
Das heisst: Würde die Frau während der Laufzeit invalid, würde ihr die Versicherung jeden Monat 1000 Franken überweisen. Aber: Es könnte sein, dass die Frau über die Pensionskasse ihres Arbeitgebers für eine allfällige Invalidität genügend abgesichert ist. Das aber hat der Berater nicht abgeklärt. Die Post sagt, eine solche Abklärung werde normalerweise gemacht.
Unklare Renditeaussicht
Wer in den Protect Plan bis zum Schluss einzahlt, erhält bei Vertragsende eine garantierte Zahlung – die «Leistung im Erlebensfall». Diese ist sehr tief. Beispiel: Zahlt eine 30-jährige Frau 35 Jahre lang 1507 Franken ein (total 52 745 Franken), erhält sie am Schluss garantiert nur 44 022 Franken. Der Rest geht für die Deckung des Risikos und für die übrigen Kosten drauf. Die Post stellt aber nicht garantierte Zusatzerträge in Aussicht, die auf einem «Indexbonus» beruhen. Die genaue Berechnung ist für Laien nicht nachvollziehbar.
Fazit
Sparen und sich versichern sollte man trennen. Sparen bei der Bank (Postfinance hat dazu gute Mischfonds im Angebot, siehe K-Geld 2/2016), sich versichern bei der Versicherung.