Postauto-Chauffeure - Unter starkem Lohndruck
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saldo 19/2001
21.11.2001
Die Post plant massive Einsparungen auf Kosten der Chauffeure. 1200 von 2200 Fahrern sollen künftig jährlich bis zu 9000 Franken weniger verdienen als ihre Berufskollegen.
Die Stimmung unter den 2200 Postauto-Fahrern ist schlecht. Der Grund: Die Post will die Löhne von rund 1200 Chauffeuren senken. Betroffen sind jene, die für eine private Firma im Auftrag der Post die gelben Postbusse fahren. Sie sollen neu weniger verdienen als die direkt vom gelben Riesen angestellten Kolle...
Die Post plant massive Einsparungen auf Kosten der Chauffeure. 1200 von 2200 Fahrern sollen künftig jährlich bis zu 9000 Franken weniger verdienen als ihre Berufskollegen.
Die Stimmung unter den 2200 Postauto-Fahrern ist schlecht. Der Grund: Die Post will die Löhne von rund 1200 Chauffeuren senken. Betroffen sind jene, die für eine private Firma im Auftrag der Post die gelben Postbusse fahren. Sie sollen neu weniger verdienen als die direkt vom gelben Riesen angestellten Kollegen.
Bisher waren Lohn oder Ferien für alle Fahrer der Post, inklusive Angestellte der privaten Beauftragten, gleich. Ab 2002 plant die Post zwei Chauffeur-Kategorien: bessere Sozialleistungen für eigene Fahrer - und schlechtere Anstellungsbedingungen für die bei den Privatunternehmen angestellten Postauto-Lenker. Beispielsweise drei Tage weniger Ferien für 50- bis 59-Jährige und 9 Prozent Lohndifferenz beim Kriterium der Berufserfahrung.
Der Mindestlohn für neue Postauto-Lenker bei Privaten soll noch 46 643 Franken brutto im Jahr betragen - 9295 Franken weniger, als Chauffeure, die dem neuen Post-Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterstellt sind, verdienen.
Neu eingestellte Chauffeure trifft es am härtesten
«Diese massiven Verschlechterungen können wir nicht hinnehmen», sagt Samuel König, Sprecher der Gewerkschaft Kommunikation. «Alle Wagenlenker verrichten die genau gleiche Arbeit, tragen dieselbe Uniform, und die Busse sehen praktisch gleich aus.»
Max Hasler aus Arbon TG lenkt seit 34 Jahren Postauto-Busse. Er protestiert: «In den oberen Gremien garniert man immer mehr, wir kleinen Angestellten sollen uns nach der Decke strecken.» Direkt ist er von der geplanten Regelung nicht betroffen, denn bisherige Wagenführer behalten ihre Sozialleistungen bis Ende 2004 - Hasler geht vorher in Pension. Doch er betont: «Den Jungen und Neueinsteigern gehts ans Eingemachte.»
Berechnungen von saldo zeigen: Postauto spart so jährlich 7 Millionen Franken Lohnkosten. Zum Vergleich: Der Post-Konzern erwirtschaftete letztes Jahr 118 Millionen Franken Gewinn, 5 Millionen davon gehen auf das Konto von Postauto.
Postauto: «Wir stehen unter Kostendruck»
Man solle das neue Personalreglement «nicht als Sparübung» verstehen, schreibt Postauto. Tatsache ist aber: Die Post macht sich fit für den freien Markt. Dies auch auf dem Buckel der Chauffeure. Seit 1996 muss die öffentliche Hand Bahn- und Buslinien im freien Wettbewerb ausschreiben. Postauto-Geschäftsleiter Daniel Landolf: «Wir sind gezwungen, uns auf den verschärften Wettbewerb einzustellen. Die ganze Branche steht unter grossem Kostendruck der Auftraggeber. Bund und Kantone kürzen ihre Zahlungen von Jahr zu Jahr.»
Die Folge dieser Entwicklung: Einige Transportunternehmer konkurrenzieren sich mit Billigofferten und -löhnen. Fritz Gurtner, Zürcher Sekretär der Gewerkschaft Kommunikation, kennt die Praktiken: «Es gibt nichts Unsozialeres als solche Ausschreibungen. Das Personal muss die Suppe auslöffeln, wenn Transportbetriebe Sozial-Dumping betreiben.» Postauto hat einige Strecken an die Konkurrenz verloren, etwa im Oberengadin an den Engadinbus, der zur Churer Stadtbus AG gehört.
Gewerkschaften fordern jetzt Richtlinien für alle
Kein Wunder, drückt die Post bereits jetzt bei Ausschreibungen die Löhne der eigenen Fahrer: Die Postauto-Chauffeure des Ortsbusses von Frauenfeld verdienen rund 15 000 Franken weniger pro Jahr als andere Postauto-Lenker. Dabei sind ihre Löhne im Branchenvergleich nicht besonders komfortabel. In der Stadt Zürich beispielsweise verdienen bei der Post Angestellte rund 2500 Franken weniger pro Jahr als ihre Kollegen bei den Verkehrsbetrieben Zürich.
Am 22. November verhandelt Michel Gobet von der Gewerkschaft Kommunikation mit der Post. Gobet: «Wir hoffen, dass Postauto ihr Minimalangebot verbessert. Unter den Betroffenen brodelt es.» Die Gewerkschaften fordern von den Arbeitgebern einen nationalen GAV für alle Chauffeure des öffentlichen Verkehrs. Anfang Dezember wird auch über dieses Thema verhandelt.
Im Gegensatz dazu spricht Fritz Schmutz, Post-Personalleiter, im Geschäftsbericht noch von «einer Win-win-Situation für alle Beteiligten». Den Grossteil der Postauto-Lenker hat er dabei wohl vergessen.
Marc Meschenmoser
Post-Löhne - Den Chefs geht es besser
Ein Blick auf die Lohnskala der Post zeigt: Nicht allen geht es schlecht, seit der Postmarkt geöffnet wurde. Generaldirektor Ulrich Gygi etwa verdient mit Bonus rund 700 000 Franken jährlich. Im Vergleich dazu: Der letzte als Bundesbeamter angestellte Postdirektor, Jean-Noël Rey, erhielt vor drei Jahren noch 300 000 Franken - weniger als die Hälfte. Selbst der oberste Chef der Postauto-Fahrer, Daniel Landolf, kassiert als eines von acht Geschäftsleitungsmitgliedern minimal 236 000 und bei gutem Geschäftsgang 466 000 Franken im Jahr.