Sanfte Medizin - harte Prüfungen
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Gesundheitstipp 8/2000
01.08.2000
Erste Studien zur Wirksamkeit beginnen nächstes Jahr
Seit gut einem Jahr zahlen die Krankenkassen für fünf Methoden der Komplementärmedizin. Das allerdings nur provisorisch. Doch noch immer ist unklar, wie man überhaupt messen soll, ob die sanfte Medizin wirksam ist.
Befürworter einer sanfteren Medizin hatten vor einem Jahr Grund zum Jubeln. Fünf Methoden müssen die Krankenkassen seit Juli 1999 bezahlen - aus der Grundversicherung. Diese Methoden sind: Neura...
Erste Studien zur Wirksamkeit beginnen nächstes Jahr
Seit gut einem Jahr zahlen die Krankenkassen für fünf Methoden der Komplementärmedizin. Das allerdings nur provisorisch. Doch noch immer ist unklar, wie man überhaupt messen soll, ob die sanfte Medizin wirksam ist.
Befürworter einer sanfteren Medizin hatten vor einem Jahr Grund zum Jubeln. Fünf Methoden müssen die Krankenkassen seit Juli 1999 bezahlen - aus der Grundversicherung. Diese Methoden sind: Neuraltherapie, Traditionelle Chinesische Medizin, Klassische Homöopathie, Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) und Anthroposophische Medizin.
Allerdings zahlt die Grundversicherung nur, wenn ein Arzt die Therapie durchführt. Und vorerst nur provisorisch während fünf Jahren. In dieser Zeit muss eine so genannte Evaluation zeigen, ob die Methoden wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind, wie es das Gesetz verlangt.
Übliche Studien sind schwer durchführbar
Das ist keine einfache Aufgabe. «Wirksamkeit und Nutzen der Komplementärmedizin lassen sich nur schwer mit den üblichen Studienformen überprüfen», sagt Marcel Brander, Präsident der Union der komplementärmedizinischen Ärzteorganisationen.
Grund: Diese Therapien behandeln nicht jede Krankheit nach einem Schema, sondern jeden Patienten individuell. Deshalb musste eine Expertengruppe erst neue Prüfkriterien aufstellen, wie man messen kann, ob es den Patienten nach einer Therapie besser geht.
Ein Jahr ist bereits vergangen, doch noch ist keine solche Studie im Gange. Immerhin sollen nächstes Jahr die ersten Untersuchungen beginnen. Marcel Brander, der auch Chefarzt der komplementärmedizinischen Aeskulap-Klinik in Brunnen SZ ist, gibt sich zuversichtlich: «Die Zeit sollte reichen.»
Derweil haben die Krankenkassen erste Erfahrungen mit der Komplementärmedizin gemacht. «Es gibt einen Boom bei der Nachfrage und einen Boom bei den Therapeuten», sagt etwa Manfred Manser von der Krankenkasse Helsana. Er befürchtet deshalb, dass die Kosten steigen werden.
«Wir erwarten sicher keine Kostendämpfung», sagt auch Walter Frei, Pressesprecher vom Konkordat Schweizer Krankenversicherer. Zahlen seien aber noch keine vorhanden.
Ob die Kosten steigen, ist umstritten
Ob die Kosten für die Grundversicherung tatsächlich zunehmen, ist allerdings umstritten:
- Kritiker - vor allem Krankenkassen und Schulmediziner - behaupten, dass Patienten die Behandlungen zusätzlich zur Schulmedizin in Anspruch nehmen und nicht anstelle der Schulmedizin.
- Komplementärmediziner halten dagegen: Weil nur Ärzte Komplementärmedizin abrechnen dürfen, sei gewährleistet, dass diese die Methoden von Fall zu Fall ergänzend (komplementär) und nicht zusätzlich verordnen. Sie glauben zudem, dass ihre Medizin mittel- und längerfristig günstiger ist, weil sie mit weniger teuren Apparaten und Medikamenten auskommt, und dauerhafter, weil sie auf den Gesamtzustand wirkt und nicht nur Symptome bekämpft. Schliesslich erhalten Komplementärmediziner heute weniger für ihre Arbeit als früher, als sie noch über Zusatzversicherungen abrechnen mussten.
Nur Studien können zeigen, wer Recht hat. Klar ist: Die meisten Komplementärmediziner haben bereits vorher ihre Leistungen abgerechnet - über Tarife der Schulmedizin. Sie schummelten, indem sie zum Beispiel ausführliche Gespräche als «Psychotherapie» verrechneten.
Anita Baumgartner
Diese Methoden werden bezahlt
Eines der grössten Probleme für die Krankenkassen ist, dass vielen Patienten nicht klar ist, wann welche Komplementärmedizin bezahlt wird. Deshalb die wichtigsten Voraussetzungen:
- Es muss sich um eine der folgenden Methoden handeln: Anthroposophische Medizin, Traditionelle Chinesische Medizin (inkl. Akupunktur), Klassische Homöopathie, Neuraltherapie und Phytotherapie (Pflanzenheilkunde).
- Ein schulmedizinisch ausgebildeter Arzt mit FMH-Titel muss die Therapie durchführen.
- Der Arzt muss eine anerkannte Zusatzausbildung in der entsprechenden Therapierichtung absolviert haben und einen Fachausweis besitzen.
- Therapien von Naturärzten, Naturheilkundlern und Heilpraktikern bezahlen die Krankenkassen weiterhin nur aus Zusatzversicherungen für Alternativmedizin. Wer sich also von Nichtärzten behandeln lassen möchte, sollte die Zusatzversicherung keinesfalls kündigen.
- Fragen Sie im Zweifelsfall den Arzt, Therapeuten oder Ihre Krankenkasse, ob diese die Therapie übernimmt.
- Falls Sie zu einem Komplementärmediziner gehen möchten: Verzichten Sie darauf, ohne dessen Wissen auch andere Ärzte aufzusuchen.