Die SBB machen Schalter um Schalter dicht. Ende Juni trifft es Küssnacht SZ, im September Münchenbuchsee BE. Mitte des vergangenen Jahres schlossen zum ­Beispiel der Schalter am Bahnhof ­Killwangen-Spreitenbach AG, davor diejenigen in Kilchberg ZH und Nänikon-Greifensee ZH. 2016 fielen unter anderem die Schalter in Flüelen UR, Fehraltdorf ZH und Herrliberg-Feldmeilen ZH dem Rotstift zum Opfer. Seit 2002 halbierte sich die Zahl der bedienten Bahnschalter (siehe Tabelle im PDF).

Dazu kommt: Die SBB schränken bei den verbliebenen Schaltern die Öffnungszeiten ein. Betroffen sind ab 1. Mai auch die Billettschalter im Hauptbahnhof Zürich, dem grössten Bahnhof der Schweiz. Neu sind sie von 6 bis 21 Uhr bedient. Bisher konnten sich Reisende von 5.30 bis 21.40 Uhr ein Billett kaufen. Bis Mai 2010 waren die Schalter gar bis 23.15 Uhr geöffnet. 

Auch um 21 Uhr noch eine lange Warteschlange

Die SBB behaupten wie immer beim Serviceabbau, man habe am Hauptbahnhof Zürich «auf die ver­änderte Nachfrage nach bedientem Verkauf» reagiert. 

Doch ein saldo-­Augenschein vor Ort zeigt ein anderes Bild: Trotz Frühlings­ferien waren die Schalter am Montag, 23. April auch nach 21 Uhr noch rege genutzt – davon zeugen die Warte­schlange und die Kommentare der Reisenden. Ein Mann in der Schlange bringt es auf den Punkt: Er besitzt ein Generalabonnement und möchte ein Billett von Chiasso nach Milano kaufen. «Ich schätze den ­persönlichen Kontakt und kundenfreundliche Öffnungszeiten auch nach 21 Uhr.» Er versteht nicht, dass die Schalter bald eine halbe Stunde früher schliessen. «Doch leider machen die SBB, was sie wollen.»

«Ich brauche kurzfristig ein Ticket nach Wien. Ein Kauf über das Internet ist zwar möglich, doch die internationalen Tickets muss man ausdrucken. Mit dem Smartphone geht das nicht.»
Margarete Jahrmann, Wien

«Wir sind nur kurze Zeit in Zürich. Morgen wollen wir nach Rom weiter. ­Unser Zug fährt bereits um 6.09 Uhr, deshalb kaufen wir die Tickets am ­Vorabend. Vor 21 Uhr ­hätten wir es nicht hierher geschafft.»
Rick Crooks, Texas (USA)

«Ich bin sehr froh, wenn ich mich auch am späteren Abend am Schalter beraten lassen kann. Am grössten ­Bahnhof der Schweiz ­gehört das einfach zum Service.»
Gabriela Gmür, Zürich

«Lange Öffnungszeiten sind für mich selbst­verständlich. Das ­Ticket nach Neuenburg löse ich lieber am Schalter als am ­Automaten. Dort ist mir das ­Risiko zu hoch, dass ich ein ­falsches Billett kaufe.»
Peter Carsten, USA