Schlamperei mit Todesfolgen
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Gesundheitstipp 1/2000
01.01.2000
Medikamente verwechselt: Die Ursache für zahlreiche Todesfälle
Die Apotheke am Ferienort verwechselt ein Medikament. Das hat einen Herzkranken beinahe das Leben gekostet. Kein Einzelfall.
Mit Rezept beschaffte sich ein Herzkranker in den Ferien ein Medikament. Als sich sein Zustand verschlechterte, brach er die Ferien ab und ging zu seinem Hausarzt. Dieser stellte eine schwere Lungenstauung fest und fand auch die Ursache: Die Apotheke am Ferienort hatte die Medika...
Medikamente verwechselt: Die Ursache für zahlreiche Todesfälle
Die Apotheke am Ferienort verwechselt ein Medikament. Das hat einen Herzkranken beinahe das Leben gekostet. Kein Einzelfall.
Mit Rezept beschaffte sich ein Herzkranker in den Ferien ein Medikament. Als sich sein Zustand verschlechterte, brach er die Ferien ab und ging zu seinem Hausarzt. Dieser stellte eine schwere Lungenstauung fest und fand auch die Ursache: Die Apotheke am Ferienort hatte die Medikamente verwechselt. An Stelle des Herzmittels «Moduretic» gab sie dem Patienten «Moducren».
Ein Skandal: Anstatt zu entwässern, um das kranke Herz zu entlasten, steigerte dieses Medikament die Wasseransammlung im Körper noch. «Hätte er das ein paar Tage länger genommen, wäre ein Lungenödem entstanden», sagt sein Zürcher Hausarzt René Stutz. Er kritisiert auch die ähnlichen Logos auf den Verpackungen der Medikamente. Produzentin beider Mittel ist Merck, Sharp & Dohme Chibret (MSD).
Ärzte, Apotheker oder Krankenschwestern, die Medikamente miteinander verwechseln, sind häufig verantwortlich dafür, dass Menschen sterben. Ausserdem dosieren sie die Mittel oft auch falsch oder irren sich beim Einstellen technischer Apparate. Die amerikanische Akademie der Wissenschaften fand kürzlich in einer Studie heraus, dass in den USA jedes Jahr fast 100 000 Menschen an solchen Fehlern sterben. Das sind mehr Opfer, als Brustkrebs, Verkehrsunfälle oder Aids jeweils pro Jahr fordern.
In der Schweiz gibt es keine Statistik über die Zahl der Fälle, in denen ärztliche Haftversicherungen für Fehler zahlen müssen. Grund der Schweigsamkeit: «Nur vier Gesellschaften in der Schweiz übermitteln uns diese Zahlen», sagt Benno Stahel vom Schweizerischen Versicherungsverband. Weil er «Fehlinterpretationen» fürchtet, hält der Verband selbst diese unvollständigen Zahlen streng unter Verschluss.
«Ich sehe überhaupt keinen Grund, diese Information nicht zu veröffentlichen», meint hingegen Hanspeter Kuhn, stellvertretender Generalsekretär der Ärzteverbindung FMH. «Ärzte und Patienten sollten sie kennen.»
Claudia Peter