Steuern - Kein Herz für Kinder
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saldo 4/2001
28.02.2001
Seit diesem Jahr müssen Alleinerziehende die Kinderalimente als Einkommen versteuern. Die Folgen sind für Frauen gravierend.
Bettina Konetschnig ist alleinerziehend. Tagsüber arbeitet die Zürcherin als Kommunikationsberaterin. In der Nacht, wenn ihr Sohn Linus schläft, macht sie die Buchhaltung eines Blumenladens. Sie arbeitet 110 Prozent. Und doch wird das Geld langsam knapp. Denn als Folge des eidgenössischen Steuerharmonisierungsgesetzes kann zwar der Vater von Linus sein...
Seit diesem Jahr müssen Alleinerziehende die Kinderalimente als Einkommen versteuern. Die Folgen sind für Frauen gravierend.
Bettina Konetschnig ist alleinerziehend. Tagsüber arbeitet die Zürcherin als Kommunikationsberaterin. In der Nacht, wenn ihr Sohn Linus schläft, macht sie die Buchhaltung eines Blumenladens. Sie arbeitet 110 Prozent. Und doch wird das Geld langsam knapp. Denn als Folge des eidgenössischen Steuerharmonisierungsgesetzes kann zwar der Vater von Linus seine Alimente voll von den Steuern abziehen - die Mutter muss diese jedoch als Einkommen versteuern. Sie zahlt deswegen nicht nur mehr Steuern, die Krankenkasse gewährt ihr auch keine Prämienvergünstigung mehr. Zudem erhöhen sich die vom Einkommen abhängigen Kosten für die Kinderkrippe. Bettina Konetschnig muss monatlich 300 Franken mehr bezahlen. "Das neue Gesetz führt finanziell in die Sackgasse", sagt sie. "Die Steuerlast ist ungleich verteilt. Fairer wäre es, wenn Vater und Mutter die Alimente je zur Hälfte versteuern würden."
Die Krippe belastet ihr Budget schwer: jährlich 9600 Franken. Das Zürcher Steuergesetz gewährt jedoch nur einen Abzug von 3000 Franken - eine weitere steuerliche Ungerechtigkeit. "Ich verstehe nicht, wieso ich nicht die effektiven Kosten abziehen kann", sagt Bettina Konetschnig. "Um Steuern zahlen zu können, muss ich arbeiten - und um arbeiten zu können, muss Linus betreut werden." Wären die Krippenkosten voll abziehbar, könnte sie 20 Prozent Steuern sparen - in ihrem Fall immerhin 400 Franken.
Vorbild: Obwalden und Appenzell Ausserrhoden
Mit dem erlaubten Abzug von 3000 Franken liegt der Kanton Zürich im Mittelfeld. Geradezu skandalös sind die Steuergesetze in den Kantonen Baselland, Schwyz und Glarus: Das Steueramt rechnet den Eltern keinen Rappen für die Kinderbetreuung an.
Vorbildlich dagegen Obwalden und Appenzell Ausserrhoden: Dort können Eltern die gesamten Krippenkosten von den Steuern abziehen. In Appenzell hat sich die Finanzchefin und FDP-Politikerin Marianne Kleiner-Schläpfer für die steuerliche Entlastung von Eltern stark gemacht: "Wenn eine Frau arbeitet, soll sie ihre Aufwendungen abziehen können."
Tatsächlich anerkennt der Fiskus in allen Kantonen die Fahrt zum Arbeitsplatz, auswärtige Mittagessen oder die Weiterbildung - nicht aber die mit der Erwerbstätigkeit so eng verbundenen Kinderbetreuungskosten. Daran stört sich auch der Zürcher Steuerrechtsprofessor Markus Reich. "Das ist eine steuerliche Benachteiligung erwerbstätiger Eltern."
Bettina Konetschnig ist frustriert: "Das Geld, das für Linus vorgesehen ist, geht für Steuern und Krippe drauf."
Nadine Woodtli