Überstunden - Muss der Chef zahlen?
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Haus & Garten 4/2001
01.09.2001
Ich habe letztes Jahr im Betrieb mehr als 50 Überstunden geleistet. In meinem Arbeitsvertrag steht, dass wir nur Überstunden machen dürfen, wenn der Vorgesetzte sie schriftlich anordnet. Eine solche Anordnung habe ich nie erhalten. Mein Arbeitgeber will mir deshalb keine Überstunden-Entschädigung bezahlen. Kompensieren kann ich die Zeit auch nicht, weil wir nach wie vor sehr viel Arbeit haben. Der Chef beruft sich auf den Arbeitsvertrag und sagt, er habe nie eine schriftliche Anordnung für...
Ich habe letztes Jahr im Betrieb mehr als 50 Überstunden geleistet. In meinem Arbeitsvertrag steht, dass wir nur Überstunden machen dürfen, wenn der Vorgesetzte sie schriftlich anordnet. Eine solche Anordnung habe ich nie erhalten. Mein Arbeitgeber will mir deshalb keine Überstunden-Entschädigung bezahlen. Kompensieren kann ich die Zeit auch nicht, weil wir nach wie vor sehr viel Arbeit haben. Der Chef beruft sich auf den Arbeitsvertrag und sagt, er habe nie eine schriftliche Anordnung für Überstunden erteilt. Ist sein Vorgehen rechtens?
Grundsätzlich ja. Der Arbeitgeber kann darüber befinden, ob und unter welchen Voraussetzungen Überstunden zu leisten sind. Die vertragliche Abmachung, wonach für Überstunden eine schriftliche Anordnung notwendig ist, ist deshalb zulässig.
In der Praxis jedoch halten sich Arbeitgeber beziehungsweise Vorgesetzte häufig selber nicht an eine solche vertragliche Regel. Wenn Ihr Chef also die Überstunden nur mündlich anordnet oder wenn er die Leistung betriebsnotwendiger Überstunden immer wieder bewusst toleriert, kann er sich im Nachhinein nicht mehr darauf berufen, die Überstunden seien nicht angeordnet und nicht notwendig gewesen. Falls die Überstunden Ihrem Arbeitgeber bekannt waren, muss er Sie Ihnen auszahlen oder als Frei-Tage zugestehen. Achtung: Ihr Anspruch auf Entschädigung der Überstunden verjährt nach fünf Jahren.
Auch wenn Ihr Chef die Überstunden gemäss Vertrag schriftlich anordnet, darf er von Ihnen nur eine bestimmte Anzahl Überstunden verlangen. Denn im Gesetz ist die wöchentliche Höchstarbeitszeit geregelt. Die Höchstarbeitszeit für Büroangestellte oder das Verkaufspersonal in Grossbetrieben beträgt beispielsweise 45 Stunden in der Woche. Diejenige für Handwerker hingegen ist bei 50 Wochenstunden festgelegt. Das Arbeitsgesetz enthält allerdings auch Ausnahmebestimmungen, die eine Verlängerung der Höchstarbeitszeit zulassen.
Von dieser Regelung ausgenommen sind höhere leitende Angestellte, Lehrer, Ärzte oder Angestellte der öffentlichen Verwaltung. Sie sind nicht dem Arbeitsgesetz unterstellt, sodass für sie in Bezug auf die Arbeitszeiten Sonderregelungen gelten.
Regula Wyder, Rechtsberatung K-Tipp
Überstunden: Die Regeln
- Falls Sie damit einverstanden sind, kann der Arbeitgeber mit Ihnen vereinbaren, dass Sie die Überstunden durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer ausgleichen.
- Möchten Sie nicht kompensieren oder ist es aus betrieblichen Gründen nicht möglich, haben Sie Anspruch auf den normalen Lohn und einen Zuschlag von mindestens 25 Prozent. Der Arbeitgeber schuldet Ihnen allerdings keine Entschädigung, wenn in Ihrem Arbeitsvertrag steht, dass der Zuschlag oder sogar jegliche Überstundenvergütung ausgeschlossen ist.
- Handelt es sich um Überzeit, ist die Entschädigung samt dem Lohnzuschlag von mindestens 25 Prozent obligatorisch. Für Arbeitnehmer mit einer Höchstarbeitszeit von 45 Stunden pro Woche jedoch erst für mehr als 60 Stunden Überzeit pro Kalenderjahr.
Mache ich Überzeit oder Überstunden?
- Von Überzeit spricht man, wenn die wöchentliche Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitsgesetz überschritten wird.
- Um Überstunden handelt es sich, wenn die vertragliche Arbeitszeit überschritten wird.