Wirtschaftskriminalität - Kredite für Gutgläubige
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saldo 13/2000
30.08.2000
Gegen eine Vorauszahlung von rund 200 Franken verspricht einKreditvermittler Zugang zu Geldgebern in Kuwait. Die Polizei warnt vor dem Angebot.
Millionenkapital aus Kuwait" verheisst ein Inserat, das seit Wochen in der Wirtschaftszeitung "Cash" erscheint. Wer sich auf der deutschen Faxnummer meldet, erhält nähere Information: "Banken, Investmentgesellschaften und Privatinvestoren (Sheiks) aus Kuwait haben ihr Interesse bekundet, in Deutschland/ Europa grössere Investitionen zu ...
Gegen eine Vorauszahlung von rund 200 Franken verspricht einKreditvermittler Zugang zu Geldgebern in Kuwait. Die Polizei warnt vor dem Angebot.
Millionenkapital aus Kuwait" verheisst ein Inserat, das seit Wochen in der Wirtschaftszeitung "Cash" erscheint. Wer sich auf der deutschen Faxnummer meldet, erhält nähere Information: "Banken, Investmentgesellschaften und Privatinvestoren (Sheiks) aus Kuwait haben ihr Interesse bekundet, in Deutschland/ Europa grössere Investitionen zu tätigen und Beteiligungen anzustreben. Somit eröffne ich Ihnen die einmalige Chance, ohne lange zu suchen, einen Sofortkontakt mit Grossfinanciers in Kuwait herzustellen", steht im zweiseitigen Fax der Firma Ulrich Versand aus dem bayerischen Deggendorf.
Vermittler locken Kunden mit tiefen Zinssätzen an
Firmenchef Alois Ulrich behauptet, mit einem deutschen "Generalmanager" und einer deutschen Firma in Kuwait zusammenzuarbeiten. Der Manager stehe mit "Grosskreditbanken und Privatinvestoren" täglich in Verhandlung und vermittle "grosse Gelder" von 100 000 bis 100 Millionen Dollar für Investitionen in Immobilien, Hotels, Schlösser usw.: "Das ist für Sie die einmalige Chance, Millionenkredite aus den arabischen Ländern zu erhalten", wobei der Zinssatz nur drei Prozent betrage. "Eine Provision der vermittelten Kreditsumme ist erst nach Erfolg fällig."
Trotzdem will Ulrich im Voraus Geld sehen: Damit Kreditsuchende mit dem Mann in Kuwait in Kontakt treten könnten, sei eine "einmalige Bearbeitungsgebühr" von 250 D-Mark auf Ulrichs Konto beim Postgiroamt in Nürnberg einzuzahlen. Nach Erhalt des Einzahlungsbelegs werde er "noch am gleichen Tag" die Unterlagen faxen oder zuschicken: Name und Adresse des Kreditvermittlerbüros in Kuwait, eine Liste der kreditgebenden Banken, "Gesamtinformationen über das Servicepaket" sowie ein "Anmeldeformular mit persönlicher Terminvereinbarungsmöglichkeit" für die Kontakte zu den Scheichs.
Es ist zwar möglich, den grossen Kredit-Zampano in Kuwait über eine angegebene Handynummer schon vor Einzahlung der 250 D-Mark zu erreichen. Doch "Herr Walkemeyer", wie er sich nennt, erzählt am Telefon nicht mehr, als in den Unterlagen steht. Insbesondere seine Adresse gibts erst, wenn die 250 D-Mark einbezahlt sind. "Ich kann den Herrn Ulrich doch nicht aussen vor lassen. Er bezahlt schliesslich die Inserate für die Werbung." Walkemeyer betont aber, dass die kuwaitischen Investoren keine Bonitätsprüfung verlangten: "Die entscheiden aus dem Bauch heraus."
Kantonspolizei: "Das Angebot ist sicher anrüchig"
Wenig von der Sache halten die Betrugsspezialisten der Zürcher Kantonspolizei, die immer wieder mit Fällen konfrontiert werden, wo für in Aussicht gestellte Kredite Vorausleistungen verlangt werden. "Das Angebot ist sicher anrüchig, und es ist äusserst unwahrscheinlich, dass die versprochenen Kredite tatsächlich ausbezahlt werden", erklärt ein Sprecher. Die Zürcher Kantonspolizei hat über deutsche Kollegen Abklärungen über die Kreditvermittler veranlasst.
Auch die Schutzgemeinschaft der Investoren Schweiz (SIS) in Zürich warnt vor solchen Angeboten, von denen sich vor allem Leute angesprochen fühlen, die von Banken keine Kredite erhalten. Die SIS erhalte immer wieder Klagen über Kreditangebote, die keine oder keine eingehende Prüfung der Finanzverhältnisse versprechen.
Ulrich will mit der Kreditvergabe nichts zu tun haben
Im besseren Fall würden den Kreditnehmern zu hohe Zinsen und Gebühren belastet, im schlechteren Fall seien Provisionen, Gebühren oder Honorare im Voraus zu bezahlen, ohne dass dann je ein Kredit ausbezahlt werde. SIS-Geschäftsführer Johann-Christoph Rudin: "Die SIS rät dringend von jedem Kreditgeschäft ab, bei dem der Darlehensnehmer in irgendeiner Weise vor der Auszahlung des Darlehens etwas leisten muss."
Konfrontiert mit kritischen Fragen, wiegelt Alois Ulrich ab: "Ich selber habe mit der Kreditvergabe nichts zu tun. Ich bin nur verantwortlich für die Promotion und verkaufe für 250 D-Mark Kontakte, die seit Jahren bestehen." Für das Zustandekommen eines Kredits oder einer Beteiligung der Geldgeber in Kuwait könne er aber natürlich "nicht garantieren". Seines Wissens seien über die von ihm vermittelten Kontakte schon "über 50 Grosskredite" in Europa zustande gekommen. Namen von zufriedenen Kunden könne er aber leider nicht nennen, "die kennt nur der Herr Walkemeyer". Und dieser wird punkto Informationen ja erst zugänglicher, wenn die 250 D-Mark an die Ulrich Versand einbezahlt worden sind.
Thomas Illi