Billig-Aktien: Rohrkrepierer statt Kursraketen
Aggressiv beworbene Aktien mit einem Wert nahe der Nullgrenze verleiten Anleger zur Spekulation auf hohe Gewinne. K-Geld rät: Hände weg von solchen Pennystocks!
Inhalt
K-Geld 01/2010
31.01.2010
Letzte Aktualisierung:
02.02.2010
Robert Jakob
Peter Albrecht (Name geändert) traf Anfang 2006 einen kostspieligen Fehlentscheid. Er kaufte mit seinem Weihnachtsgeld 1000 Aktien der Cobracrest AG für rund 3600 Franken (2400 Euro). Das Unternehmen hatte ein millionenschweres Übernahmeangebot für die Zuger Firma Nicstic AG abgegeben. Diese hatte zuvor mit der angeblichen Erfindung einer rauchfreien Zigarette die Anleger geködert.
Die Übernahmeofferte erwies sich nachträglich als Finte. Die Cobr...
Peter Albrecht (Name geändert) traf Anfang 2006 einen kostspieligen Fehlentscheid. Er kaufte mit seinem Weihnachtsgeld 1000 Aktien der Cobracrest AG für rund 3600 Franken (2400 Euro). Das Unternehmen hatte ein millionenschweres Übernahmeangebot für die Zuger Firma Nicstic AG abgegeben. Diese hatte zuvor mit der angeblichen Erfindung einer rauchfreien Zigarette die Anleger geködert.
Die Übernahmeofferte erwies sich nachträglich als Finte. Die Cobracrest hatte weder das Geld, um den Übernahmepreis zu zahlen, noch waren die Nicstic-Aktien das Geld wert, das auf dem Papier stand. Die Nicstic ging 2008 Konkurs.
Mit Cobracrest 3600 Franken in den Sand gesetzt
Die Aktien der Cobracrest machten einen kurzen, aber enttäuschend kleinen Kurssprung im nicht regulierten Marktsegment der Deutschen Börse. Albrecht kaufte die Cobracrest-Titel ausgerechnet zum damaligen Höchstkurs von 2,40 Euro. Heute wird ein «Wertpapier» dieser Firma noch zu 0,002 Euro gehandelt – das 3600 Franken teure Aktienpaket hat somit noch einen Wert von rund 3 Franken.
Der Fall Albrecht ist kein Einzelfall. Immer wieder verlieren Anleger viel Geld mit sogenannten Pennystocks. Das sind Billig-Aktien, deren Wert unter einer Einheit der lokalen Währung liegt. Im Euro-Raum sind dies Aktien mit einem Wert unter 1 Euro. In der Schweiz gelten Aktien mit einem Wert unter 1 Franken als Pennystocks. In den USA ist der Sprachgebrauch anders. Dort zählen auch Aktien unter 5 US-Dollar dazu.
Markt wird durch gezielte Gerüchte manipuliert
Der optisch niedrige Kurs verleitet viele ahnungslose Anleger zu Investitionen in nahezu wertlose Unternehmen. In fragwürdigen Börsenbriefen oder auf einschlägigen Internetseiten wie www.pennystockraketen.de und www.happyhotstock.de werden die billigen Wertpapiere meist als zukünftige Kursraketen angepriesen.
Oft greifen auch Graumarkthändler zum Telefon und versuchen Kleinanlegern die vermeintliche Top-Aktie von morgen anzudrehen. Die Titel tragen fast immer klangvolle Namen wie Aurelio Resources Corp. oder Tecton. Dahinter stecken dunkle Machenschaften. Das Geschäft mit Pennystocks wird oft von kriminellen Händlern durch gezielte Gerüchte gesteuert. Vorher haben sie sich für wenig Geld mit den Aktien eingedeckt. Wenn die von ihnen angeheizte Gerüchteküche die Kurse ihrer Aktien nach oben getrieben hat, verkaufen sie mit Gewinn. Danach kommt es regelmässig zum fatalen Kurssturz.
Käufer bleiben auf wertlosen Papieren sitzen
Die Oxford-Universität hat berechnet, dass jede sechste Spam-E-Mail zum Aufblasen von Pennystocks missbraucht wird. Diskussionsforen im Internet und private Webseiten von selbst ernannten «Börsengurus» wirken als Verstärker, wenn es darum geht, den Kurs der Billig-Aktien in die Höhen zu treiben.
Anleger, die auf die Märchen hereingefallen sind, verlieren gemäss der Oxford-Studie bereits in den ersten zwei Handelstagen im Durchschnitt 8 Prozent ihres investierten Geldes. Die Spammer hingegen machen knapp 6 Prozent gut. Der Rest geht an Gebühren drauf. Den Opfern gehen die Augen meist erst dann auf, wenn sie ihre Aktien verkaufen wollen. Dann findet sich nämlich meist kein Käufer, da die Nachfrage für die nahezu wertlosen Papiere fehlt.
Pennystocks werden meist auf kaum gesetzlich regulierten Märkten gehandelt, etwa im Freiverkehr (neu «Open Market») in Frankfurt oder in den sogenannten Pink Sheets in den USA. Dort wechseln Anteilscheine für ganz wenig Geld am Tag die Hand. Informationen über die Unternehmen fliessen nur spärlich. Dafür sind die Kursausschläge umso heftiger und auf den ersten Blick vielversprechend.
Auf den Hype folgte die Ernüchterung
In den Jahren 2000 und 2001 stieg die Zahl der Pennystocks im Rahmen der Internet-Börsenhysterie stark an. Von 343 im Juli 2001 am Neuen Markt in Deutschland notierten Titeln waren 40 Pennystocks. Die meisten von ihnen sind heute nicht mehr an der Börse notiert oder die Firmen bankrott.
Eine rückblickende Untersuchung des Teams um den US-Professor Daniel Bradley zu Börsengängen von Pennystocks in den Jahren 1990 bis 1998 zeigt, dass Kleinstwerte drei Jahre nach dem Börsengang im Durchschnitt 21,7 Prozent ihres Wertes eingebüsst haben. Herkömmliche Titel gewannen nach ihrem Börsendebüt hingegen im selben Zeitraum im Schnitt stolze 44,4 Prozent. Illegale Marktmanipulationen durch die Firmen selbst traten gemäss Studie besonders häufig auf. Die Zeche zahlte jeweils der Kleinanleger.
Massive Verluste bei sieben von neun Billig-Aktien
Auch an der Schweizer Börse gibt es immer wieder Pennystocks. Wer sich eines dieser Papiere während der Börsenbaisse des Jahres 2003 ins Depot legte, konnte in der Tat Glück haben. Allerdings nur dann, wenn er auf Titel wie von Roll oder Mobilezone setzte. Alle anderen Pennystocks, die zwischen 2003 und 2008 an der Schweizer Börse gehandelt wurden, erwiesen sich als Rohrkrepierer. Da nützte den Firmen auch die eine oder andere kosmetische Namensänderung nichts.
Selbst auf einer streng regulierten Handelsplattform wie der Zürcher Börse lohnt sich eine breite Investition in Billigwerte kaum. K-Geld hat neun Titel analysiert. Ergebnis: Sieben erzielten in sechs Jahren Kursverluste von 23 bis 96 Prozent. Die einzigen positiven Ausreisser waren Mobilezone und von Roll (siehe Tabelle im pdf-Artikel). Zum Vergleich: In derselben Zeitspanne legte der Schweizer Börsenleitindex, der Swiss Market Index (SMI), um 44 Prozent zu.