Hauskauf: Verträge mit versteckten Grossrisiken
Der Konkurs des Generalunternehmers Baumhaus Architektur hat Bauherren in finanzielle Not gebracht. Sie vertrauten den Auskünften der Bank. Und achteten zu wenig auf den Inhalt der Verträge.
Inhalt
saldo 10/2011
22.05.2011
Letzte Aktualisierung:
24.05.2011
Thomas Lattmann
Eigentlich wollten Feico Bakker und seine Frau am 1. Juni in ihr neues Haus in Truttikon ZH einziehen. Doch das Grundstück ist noch immer unbebaut. Im Sommer 2010 hatte das Ehepaar mit der Baumhaus Architektur AG (BHA) von Norbert Moos einen Generalunternehmer-Vertrag unterzeichnet und eine Anzahlung geleistet.
Dann geriet das Projekt ins Stocken: Im September informierte die Raiffeisenbank Winterthur die Bauherren, dass die Konten der BHA gesperrt worden seien. Grund: Zahlun...
Eigentlich wollten Feico Bakker und seine Frau am 1. Juni in ihr neues Haus in Truttikon ZH einziehen. Doch das Grundstück ist noch immer unbebaut. Im Sommer 2010 hatte das Ehepaar mit der Baumhaus Architektur AG (BHA) von Norbert Moos einen Generalunternehmer-Vertrag unterzeichnet und eine Anzahlung geleistet.
Dann geriet das Projekt ins Stocken: Im September informierte die Raiffeisenbank Winterthur die Bauherren, dass die Konten der BHA gesperrt worden seien. Grund: Zahlungsverzüge gegenüber Handwerkern und Lieferanten. In der Folge wurde gegen BHA der Konkurs eröffnet.
Bauherr Bakker hatte vor dem Unterzeichnen des Vertrags bei der Raiffeisenbank Winterthur Referenzen über den Generalunternehmer (GU) eingeholt. Diese versicherte ihm, dass es sich bei der BHA um ein grundsolides Unternehmen handle und das Risiko eines Konkurses ausgeschlossen sei.
Zudem stellte die Raiffeisenbank Bakker eine schriftliche Garantie aus, dass das Geld seines Baukontos ausschliesslich für sein Haus verwendet wird und die Auszahlungen gemäss Baufortschritt erfolgen.
Bauherren mussten die Forderungen der Handwerker tilgen
Auch viele weitere Bauherren schenkten den positiven Referenzen der Raiffeisenbank Glauben. Die Familie Vobornik etwa hat darüber hinaus noch Referenzen bei früheren Kunden der BHA eingeholt und den GU-Vertrag von einem Experten überprüfen lassen. «Was hätten wir noch mehr machen können?», fragt Ilona Vobornik.
Die Familie konnte vor einem Jahr immerhin in ihr Einfamilienhaus einziehen, doch sie leidet ebenfalls unter dem Konkurs von Baumhaus. Die Schadensumme beträgt rund 70 000 Franken. Wegen offener Rechnungen wurde das Grundstück mit zwei Bauhandwerkerpfandrechten belegt.
Um diese zu tilgen, musste sie die Handwerker auszahlen (siehe unten). Weitere Firmen bestehen auf der vollständigen Bezahlung ihrer Arbeiten und verweigern bis dahin Garantiearbeiten. Auch die Umgebungsarbeiten sind noch nicht abgeschlossen.
Wegen des Konkurses von BHA entwickelte sich für Dutzende von Bauherren der Traum vom Eigenheim zum Alptraum. Rund um Feico Bakker hat sich die «Interessengemeinschaft Geschädigte Baumhaus Architektur und Raiffeisenbank» formiert.
Dieser gehören zehn Bauherren sowie einige betroffene Lieferanten an. Die Schadensumme der IG-Mitglieder beläuft sich auf über 2,4 Millionen Franken, den Gesamtschaden schätzt Bakker auf 5 Millionen Franken.
Ins Visier genommen hat die IG vor allem die Raiffeisenbank. Sie fordert von der Bank Schadenersatz. Die Geschädigten werfen ihr vor, die Sorgfaltspflichten verletzt zu haben. Entgegen der GU-Erklärung habe es die Bank geduldet, dass Architekt Moos in zahlreichen Fällen Gelder für andere Häuser oder private Zwecke eingesetzt habe.
Ferner kritisiert die IG, dass Raiffeisen den Bauherren – wider besseres Wissen – nur positive Auskünfte über Moos und seine Firma gegeben habe.
Laut Bakker musste die Bank aber schon mindestens ein Jahr vor dem offiziellen Bekanntwerden der Zahlungsschwierigkeiten erkennen, dass die BHA überschuldet war. Zudem verschwieg Raiffeisen einen früheren Konkurs von Moos.
Einseitige Verträge: Hohe Anzahlungen vor Beginn der Arbeiten
Norbert Moos will sich nicht zur Angelegenheit äussern. Die Raiffeisenbank betont gegenüber saldo, dass sie keine Anzeichen für die Zahlungsprobleme der BHA hatte und vom Konkurs selbst überrascht worden sei.
Die Bank räumt ein, dass Gelder einzelner Bauherren für andere Bauprojekte verwendet wurden. Wenn Raiffeisen in Einzelfällen Fehler gemacht habe, stehe sie zu ihrer Verantwortung. Sicher ist: Die Verträge zwischen dem GU und den Bauherren waren teilweise höchst einseitig abgefasst – zuungunsten der Hauskäufer.
Manche Bauherren verpflichteten sich, Anzahlungen von 100 000 und mehr Franken zu leisten, bevor die Bauarbeiten überhaupt begannen. Das ist Geld, das im Konkurs praktisch verloren ist. Laut vielen Verträgen musste dem GU bereits nach Abschluss der Rohbauarbeiten fast die ganze Kaufsumme überwiesen werden.
Dieses hohe Bauherrenrisiko wäre bei genauer Vertragsprüfung auch für die Bank ersichtlich gewesen. Immerhin: Die Bauherren haben das Land separat gekauft, weshalb ihnen alle darauf erstellten Bauten gehören. Ohne Grundeigentum hätten sie für bereits erfolgte Zahlungen keinen Gegenwert.
Feico Bakker hat aus seinen schlechten Erfahrungen gelernt. Er arbeitet nicht mehr mit einem GU zusammen, sondern hat sich von einem Architekten ein neues Projekt ausarbeiten lassen. In Kürze soll der Spatenstich erfolgen. Das Baukonto überwacht er nun selber und löst Zahlungen an Handwerker nur für tatsächlich ausgeführte Arbeiten aus.
Bauen mit einem Generalunternehmer: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
- Referenzen: Verlangen Sie eine Referenzliste des Generalunternehmers (GU) und einen aktuellen Betreibungsregister-Auszug. Erkundigen Sie sich bei früheren Bauherren über deren Erfahrungen mit dem GU.
Werfen Sie einen Blick ins Handelsregister, um weitere Informationen über den GU zu erhalten. Eine Bank genügt nicht als Referenz.
Diese ist vor allem daran interessiert, Hypotheken zu verkaufen. Bestehen hinsichtlich Seriosität und Bonität des GU Zweifel, fordern Sie eine Bank- oder Versicherungsgarantie.
- Beratung: Oft werden Verträge einseitig zugunsten des GU ausgestellt. Lassen Sie deshalb den Vertrag vor Unterzeichnung durch einen Rechtsanwalt prüfen. Lassen Sie sich von ihm detailliert über die Risiken des Vertrags informieren.
- Anzahlungen: Zahlen Sie ein neues Haus erst dann, wenn es Ihnen gehört. Oder nach dem Baufortschritt, falls das Baugrundstück bereits in Ihrem Eigentum steht. So vermeiden Sie, dass Sie Handwerker zweimal bezahlen müssen – zuerst via GU, dann nach seinem Konkurs nochmals direkt an die Baufirmen.
- Handwerkerpfandrecht: Werden Handwerker für ihre Arbeiten nicht bezahlt, können sie ihre Forderungen direkt beim Grundeigentümer geltend machen. Sie haben das Recht, ein Pfandrecht im Grundbuch einzutragen.
Der Bauherr muss solche Rechnungen dann wohl oder übel bezahlen, sonst riskiert er eine Zwangsversteigerung des Grundstücks.
Schützen Sie sich dagegen, indem Sie eine Restzahlung an den GU so lange zurückbehalten oder auf ein Sperrkonto einzahlen, bis die Frist für die Anmeldung allfälliger Pfandrechte (90 Tage nach Abschluss der Arbeiten) verstrichen ist.