Mit viel Tamtam liess El Salvadors Präsident Nayib Bukele am 7. September 2021 die Kryptowährung Bitcoin in seinem Land als offizielles Zahlungsmittel neben dem US-Dollar einführen. Er versprach, der Bitcoin werde den Zugang zu Finanzdienstleistungen für die 70 Prozent der Bevölkerung erleichtern, die über kein Bankkonto verfügen. Zudem werde er dafür sorgen, dass salvadorianische Auswanderer etwa in den USA nicht mehr astronomische Gebühren für Überweisungen an ihre Familien in der Heimat zahlen müssten, die Finanzdienstleister wie Western Union kassieren. Überweisungen aus dem Ausland machen einen Fünftel der salvadorianischen Wirtschaft aus.
Doch von Anfang an ging vieles schief. Die Kunden sahen sich in den ersten Tagen mit zahlreichen Problemen beim Registrieren in der offiziellen App Chivo Wallet und beim Zahlungsverkehr konfrontiert. Die App ermöglicht es, Bitcoin provisionsfrei zu versenden und zu empfangen. Präsident Bukele sah sich gezwungen, einzugreifen. Zur Erhöhung der Serverkapazitäten und Fehlerbehebung musste die Kryptobörse vom Netz genommen werden. Die Regierung von El Salvador verschenkte einen 30-Dollar-Bonus an alle registrierten Bürger, um den Bitcoin zu fördern. Bei der Registrierung gab es wohl viel Missbrauch.
Laut einer Umfrage der Zentralamerikanischen Universität UCA verwendeten 2023 nur noch 12 Prozent der Salvadorianer Bitcoins für ihre Transaktionen – halb so viele wie im Jahr zuvor. Nach der Einführung gingen 4,5 Prozent der Auslandüberweisungen über die App Chivo Wallet, im vergangenen Jahr waren es nur noch 1,5 Prozent.
Dabei sagt Mariela, die gerade in einem Laden an einer Kasse ansteht, dass sie den Bitcoin beim Einkaufen ganz gern benutze. So müsse sie nicht ständig Bargeld bei sich tragen. Denn ein eigenes klassisches Bankkonto mit Karte besitzt sie nicht. Aber sie werde bei ihrer Arbeit nicht per Bitcoinüberweisung bezahlt, sondern wie viele Salvadorianer in bar, in US-Dollar. Und eine Kioskinhaberin sagt, für kleine Geschäfte spiele der Bitcoin keine Rolle. Noch nie habe sie jemand gefragt, ob sie Bitcoin akzeptiere.
Der Bitcoin als Zahlungsmittel katapultierte El Salvador nicht an die Spitze der Finanzwelt. Im Gegenteil: Die ausländischen Direktinvestitionen brachen unter Präsident Bukele um einen Viertel ein, im Vergleich zu den fünf Jahren davor. El Salvador fiel in diesem Bereich auf den letzten Platz in Zentralamerika zurück. Heute ist das Bitcoinsymbol im öffentlichen Leben kaum noch zu finden. Selbst bei Chivo-Wallet-Automaten findet man das Symbol nur noch klein im Aushang der Geschäftsbedingungen. Und nur noch wenige Supermärkte weisen darauf hin.
Die Regierung lässt jede Form von Kritik am Bitcoin, ob sie sich auf Graffiti oder Wandplakaten äussert, umgehend entfernen. Nichts zu sehen ist bisher von den Plänen für eine Bitcoin-City im Südosten, eine durch Kryptowährungsbonds finanzierte futuristische Metropole mit Wohn- und Geschäftsvierteln, Museen und einem Flughafen. Fazit: Ein praktikables Zahlungsmittel ist der Bitcoin in El Salvador auch nach fast drei Jahren nicht.