Über Callcenter verkauften Fredy Piller und sein ehemaliger Mitstreiter Oliver Scheuerer Ak­tien ihrer Firmen zu stark überteuerten Preisen an Kleinaktionäre (K-Geld 5/2020 und 4/2021). Dabei handelte es sich zum Beispiel um Aktien der Re­cycling Services AG (RS) zu Fr. 5.50. Piller und Scheuerer selbst bedienten sich mit 1 Rappen pro Stück. Der Grossteil des Anlegergeldes blieb beim Vermittler sowie bei Piller und Scheuerer hängen. Das sei «nicht im Sinne der Gesellschaft», kritisierte die Haussmann Revision AG und legte ihr Mandat als Revisions­gesellschaft der RS im Oktober 2020 «per sofort» nieder.

Nothilfekredit von fast einer halben Million Franken erhalten

Hauptgrund für den Rücktritt war allerdings nicht das Geschäft mit überteuerten Aktien, sondern ein massiv überhöhter Covid­Kredit, den sich die Recycling ­Services AG beschafft hatte: Sie beantragte im Jahr 2020 einen zinsfreien und staatlich verbürgten Not­hilfekredit in der Höhe von 490000 Franken. Dieser wurde bewilligt. Laut Covid-Kredit-Gesetz hätte die RS im massgeblichen Berechnungsjahr 2019 für einen Kredit in ­dieser Höhe einen Umsatz von mindestens 4,9 Millionen Franken erzielen müssen. Doch tatsächlich betrug der Umsatz nur 725000 Franken.

Der Kredit hätte für die Sicherung des Unternehmens und der Arbeitsplätze während der Covidkrise verwendet werden müssen. Stattdessen gingen 316 000 Franken an Verwaltungsratspräsident Fredy Piller. Er zahlte sich damit ein Darlehen zurück, das er seiner Firma gewährt hatte, um sie vor der Pleite zu bewahren. Eine weitere Darlehensrückzahlung ging an ein ehemaliges Verwaltungsratsmitglied. In der Firma ver­blieben 18 500 Franken, wie aus der Kündigungsbegründung der Haussmann Revision AG hervorgeht.

Pikant: Beide Darlehen waren mit einem Rangrücktritt versehen. Das heisst: Sie dürften erst zurückbezahlt werden, wenn keine Überschuldung mehr besteht – was damals nicht der Fall war. «Das ist gesetzlich nicht zulässig», moniert die Haussmann Revision AG in ihrem Rücktrittsschreiben.

Der Covid-Kredit sei «aufgrund fehlerhafter Buchhaltung und falscher Basisannahmen definiert worden», schreibt der Anwalt der RS. Fälschlicherweise sei die Firma davon ausgegangen, dass auch ausserordentliche Umsätze mitgerechnet werden dürften. Laut Pillers Ex-Partner Scheuerer wurden «betriebsfremde Erträge» mitgezählt. Die Rückzahlung der Darlehen erfolgte laut RS-Anwalt ebenfalls wegen der «fehlerhaften Buchhaltung». Der Kredit sei letztes Jahr zurückbezahlt, die Da­r­lehen an die RS zurückgeführt worden.