Vor zwei Jahren überschrieb Thomas Huber (Name geändert) seiner ältesten Tochter sein Haus im Simmental BE als Erbvorbezug. Der Verkehrswert betrug 650 000 Franken. Die Tochter musste nur die Hypothek von 450 000 Franken übernehmen. Dafür behielt Huber ein Wohnrecht an einer der zwei Drei-Zimmer-Wohnungen. Keller, Estrich und Garten durfte er mitbenutzen. Huber vereinbarte mit seiner Tochter in einem Vertrag, dass er 300 Franken pro Monat Wohnrechtszins bezahlt sowie seine Nebenkosten für Abwasser, Warmwasser, Heizung und Strom übernimmt. Das Wohnrecht wurde befristet bis zu einem allfälligen Eintritt ins Altersheim.
In die andere Wohnung zog die Tochter mit ihrem Ehemann ein. Das ging zwei Jahre gut. Bis Hubers Schwiegersohn den Keller strich und im Garten den Humus ersetzte. Die Tochter stellte ihrem Vater die Hälfte des Zeitaufwands und die Materialkosten in Rechnung, total 1420 Franken. Huber weigerte sich zu zahlen. «Wenn meine Tochter das Haus so günstig übernehmen konnte, soll sie auch die Renovationskosten tragen», meinte er – und hatte Recht: Als Wohnberechtigter trägt er zwar die Kosten für den gewöhnlichen Unterhalt. Das gilt aber nur für Räume, die er alleine bewohnt. Hat er bloss ein Mitbenutzungsrecht wie beim Keller, muss der Eigentümer die ganzen Kosten übernehmen.
Das Wohnrecht kann weder übertragen noch vererbt werden
Das Wohnrecht wird in einem Vertrag vereinbart. Dieser muss notariell beurkundet werden. Danach wird das Wohnrecht ins Grundbuch eingetragen. Die Rechte und Pflichten des Wohnberechtigten richten sich in erster Linie nach der vertraglichen Vereinbarung, in zweiter Linie nach dem Gesetz:
Rechte: Der Berechtigte darf die Liegenschaft oder Teile davon selber bewohnen und Familienangehörige, Lebenspartner sowie Haus- und Pflegepersonal aufnehmen. Das Wohnrecht ist weder übertragbar noch kann es vererbt werden. Eine Vermietung ist unzulässig.
Dauer: Das Wohnrecht erlischt, wenn der Wohnberechtigte darauf verzichtet, oder mit seinem Tod. Das Recht kann auch per Vertrag befristet werden, etwa bis zum Eintritt ins Altersheim.
Wohnrechtszins: In der Regel wohnt der Berechtigte gratis. Es kann aber auch ein Wohnrechtszins oder eine Einmalzahlung vereinbart werden.
Unterhaltskosten: Für die von ihm exklusiv bewohnten Räume trägt der Wohnberechtigte die Kosten für den gewöhnlichen Unterhalt, das heisst für Reinigung und kleine Reparaturen. Zum Beispiel: Steckdosen warten, Sicherungen auswechseln, Wasserhähne entkalken. Andere Kosten wie Versicherungen, Hypothekarzins und Renovationen muss der Eigentümer übernehmen. Das gilt auch für den gewöhnlichen Unterhalt für Räume, die der Wohnberechtigte nur zusammen mit dem Eigentümer nutzen kann – etwa Keller oder Waschküche.
Verbrauchskosten: Wasser, Abwasser, Heizung, Strom oder Telefonanschluss muss der Eigentümer bezahlen, falls nichts anderes im Vertrag vereinbart wurde.
Steuern: Der Wohnberechtigte muss den Eigenmietwert der Wohnung oder des Hauses als Einkommen versteuern. Die Unterhaltskosten darf er abziehen. Der Eigentümer versteuert den amtlichen Wert der Liegenschaft als Vermögen.
Ergänzungsleistung: Bei der Berechnung einer allfälligen Ergänzungsleistung wird das Wohnrecht bis zum Eintritt ins Altersheim berücksichtigt.