Albert Bürgin (61, Name geändert) aus dem Kanton Solothurn arbeitete während Jahrzehnten als Finanzchef. Nach einer Depression und einem Herzinfarkt wurde er arbeitsunfähig. Nun lebt er von seiner IV- und Pensionskassen-Rente. Sein Plan: Das Haus verkaufen und mit dem Erlös das Studium seiner drei Söhne mitfinanzieren. Doch auf seinem Haus lastet seit Ende April 2008 eine für heutige Verhältnisse teure Festhypothek der Credit Suisse (CS): 3,5 Prozent Zins zahlt er für die 400 000-fränkige Hypothek – also 14 000 Franken jährlich. Zum Vergleich: Eine sechsjährige Hypothek gab es im Dezember bei der Internet-Bank Swissquote für einen Jahreszins von 1,6 Prozent. Zinskosten von nur 6400 Franken im Jahr.
Bürgins Vertrag bei der CS läuft bis Ende April 2014. Vorher kann er ohne Einverständnis der Bank nicht aus dem Vertrag aussteigen. Und das Einverständnis ist einzig eine Frage des Geldes. Wer frühzeitig aussteigen will, muss die Rechnung zahlen, die ihm die Bank präsentiert. In Bürgins Hypothekarvertrag steht zur Entschädigungsberechnung nur vage: «Der Zinsvorteil bzw. Zinsausfall ist abhängig von den dannzumaligen Verhältnissen am Geld- und Kapitalmarkt mit Bezug auf die Restlaufzeit.»
Credit Suisse lieferte detaillierte Rechnung erst nach Monaten
Bürgin hat seinen Plan umgesetzt und sein Haus am 2. August 2013 verkauft. Die Hypothek zahlte er zurück – rund neun Monate vor ihrem Ablauf. Ende August flatterte wie erwartet die Rechnung der CS für die Ausstiegsentschädigung ins Haus. Inhalt: «Die Auflösungskosten für die vorzeitige Rückzahlung der Hypothek von 400 000 Franken betragen Fr. 11 421.95.» Zahlungsfrist: eine Woche. Daniela Häsler von der CS sagt dazu: «Die Höhe der Entschädigung hängt vom Wiederanlagesatz und damit im Wesentlichen von den Verhältnissen am Zins- und Kapitalmarkt ab.» Ein K-Geld- Vergleich zeigt: Mit dieser Entschädigungssumme für die neun Monate Restlaufzeit des Kredits ist die CS die teuerste Bank.
Bürgin erhielt weder eine Berechnungsformel noch eine detaillierte Abrechnung. Nicht nur das: Die von der CS verlangte Ausstiegssumme war 1040 Franken höher als der Betrag, den Bürgin der Bank bis zum Ablauf der Hypothek Ende April 2014 geschuldet hätte. Deshalb verlangte er vor dem Bezahlen der Rechnung eine Detailabrechnung mit der Berechnungsformel. Stattdessen kam Mitte September 2013 eine Zahlungsaufforderung und am 14. Oktober die zweite Mahnung. Erst Ende November erhielt Bürgin die Aufstellung über die Berechnung der Ausstiegskosten – ohne Formel. Aus «Gründen der Kulanz» verzichtete die CS auf die Umtriebspauschale von 1000 Franken. Zudem verlängerte sie die Zahlungsfrist bis Ende Januar 2014.
Hypothekarschuldner muss entgangene Zinsen zahlen – plus Gebühr
Die CS ist nicht die einzige Bank, aus deren Verträgen die Berechnung der Forderung bei vorzeitigem Ausstieg aus einer Hypothek nicht hervorgeht. Die Axa Winterthur gibt in ihren Hypothekar-Vertragsunterlagen wenigstens die Berechnungsformel an.
Eine Umfrage von K-Geld bei neun namhaften Banken zeigt: Die Banken verlangen die Differenz zwischen dem mit dem Kunden vereinbarten Kreditzins und dem, was sie für die Restlaufzeit noch an Zins erwirtschaften könnten. Liegt der aktuelle Zins tiefer als jener der Festhypothek, muss der Hypothekarschuldner diese Differenz zahlen. Dazu kommt eine Bearbeitungsgebühr. Sie liegt je nach Bank zwischen 100 Franken (Raiffeisen) und 1 Promille der Hypothekarschuld bei der CS bzw. mindestens 1000 Franken.
Am Beispiel einer Hypothek über 500 000 Franken präsentiert sich die Rechnung so: Bei einem Hypothekarzins von 4 Prozent, einer Restlaufzeit von 3 Jahren und einem Wiederanlagezins der Bank von 1 Prozent muss der Kunde 3-mal einen Jahreszins von 3 Prozent zahlen, total 45 000 Franken.
Ausstiegskosten: Das müssen Sie wissen
- Libor-Hypotheken bieten mehr Flexibilität: Eigenheimbesitzer, die Flexibilität wünschen, setzen nicht auf Festhypotheken, sondern auf kurzfristige Libor-Darlehen ohne langjährige Rahmenverträge. Bei der UBS zum Beispiel ist eine 3-Monats-Liborhypothek alle 3 Monate kündbar.
- Vertrag überprüfen: Im Vertrag sollte eine konkrete Berechnungsformel bei vorzeitigem Ausstieg stehen.
- Ausstiegskosten abschätzen: Der Wechsel zu einer günstigeren Konkurrenzbank ist selten ratsam, wenn man eine laufende Hypothek hat. Wie teuer eine vorzeitige Rückzahlung des Kredits in etwa zu stehen kommt, können Sie im Internet gratis berechnen: www.kgeld.ch/Service/Rechner/Hypotheken: «Lohnt sich ein Ausstieg?»
- Ausstiegsofferte: Verlangen Sie bei vorzeitiger Vertragsauflösung eine detaillierte Aufstellung über die Ausstiegsprämie. Folgendes muss in der Aufstellung festgehalten sein: der Kreditbetrag, die Restlaufzeit in Tagen und der Zinssatz, mit dem die Bank die Wiederanlage kalkuliert hat. Überprüfen Sie, ob die Berechnungsweise mit der Regelung im Vertrag oder im Kleingedruckten übereinstimmt.
- Kosten bei vorzeitigem Ausstieg verhandeln: Mit dem Kundenberater sollten Sie über eine günstigere «Ausstiegsvariante» verhandeln. Wer zum Beispiel den Verkaufserlös der Liegenschaft erneut bei der bisherigen Bank anlegt und weitere Vermögenswerte von der Bank betreuen lässt, fährt in der Regel um einiges günstiger.
- Abrechnung prüfen: Lassen Sie die Schlussabrechnung Ihrer Bank im Zweifelsfall von einem unabhängigen Hypothekar-Experten prüfen.
- Steuererklärung: Denken Sie daran, die von der Bank verlangten Ausstiegskosten in der Steuererklärung einzutragen. Diese Zinszahlung an die Bank kann man – wie den normalen Hypothekarzins – in der Steuererklärung in aller Regel vom steuerbaren Einkommen abziehen.