Astrid Matthées liebt die Ruhe. Sie lebt in ihrem Haus in Ersigen BE in einer Gegend mit vielen Einfamilienhäusern. Dort hatte sie es lange still und beschaulich. Doch vor einigen Jahren baute ein Nachbar eine Wärmepumpe an sein Haus an. Damit war Schluss mit der Ruhe.
Wärmepumpen sind eine Alternative zum Heizen mit Gas und Öl. Sie funktionieren wie ein Kühlschrank – nur umgekehrt: Sie entziehen der Luft, der Erde oder dem Wasser gespeicherte Wärme und geben sie an das Haus ab. Aufstellen kann man sie im Innern des Hauses oder auch aussen. Die am häufigsten verwendete Art ist die Luft-Wasser-Wärmepumpe. Sie entnimmt der Umgebungsluft Wärme und wärmt damit Wasser zum Heizen.
Diese Heizmethode ist beliebt: «Bei den neugebauten Einfamilienhäusern haben Wärmepumpen einen Marktanteil von rund 80 Prozent», sagt Antonio Milelli von der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz FWS. Denn sie bieten einige Vorteile: Sie nutzen erneuerbare Energie, reduzieren die CO₂-Belastung und sind unabhängiger von der Entwicklung der Energiepreise.
Das Problem: Die Pumpen arbeiten nicht lautlos. «Hauptsächliche Lärmquellen sind Verdichter, Ventilatoren und Rohrleitungen», so Milelli. «Wenn Lärmprobleme auftreten, dann in der Regel bei aussen aufgestellten Luft-Wasser-Wärmepumpen.»
Laut der Baudirektion des Kantons Zürich kann eine laute Luft-Wasser-Pumpe mehrere Häuserblocks beschallen. Und zwar mit einer Leistung von 45 bis 80 Dezibel (dB). Der Pegel liegt also zwischen der Lautstärke eines leisen Radios und dem Geräusch eines Staubsaugers, eines Rasenmähers oder eines vorbeifahrenden Autos. Eine ständige Beschallung ab 40 dB kann bereits Betroffene beim konzentrierten Arbeiten stören. Ein Dauerschallpegel von etwa 65 dB erhöht das Risiko von Erkrankungen. Und ab einem Dauerlärm von mehr als 80 dB sind Gehörschäden sehr wahrscheinlich.
Auch Astrid Matthées fühlte sich gestört. Lange Zeit unternahm sie nichts, weil sie dachte, sie werde sich daran gewöhnen. Doch auf Dauer hielt sie es nicht aus: «Das Geräusch ist ähnlich wie bei einem Transformatoren-Häuschen, unangenehm durchdringend, es geht einem richtig unter die Haut.»
Zwar gibt es Massnahmen, die die störenden Geräusche minimieren, etwa Schalldämpfer und Lärmschutzwände (siehe Kasten). Aber nicht immer ergreifen die Besitzer solche Massnahmen. Denn sie kosten. Es kann auch sein, dass die Anlage einen Defekt hat oder falsch eingestellt ist: Solche Störungen lassen sich aber einfach beheben.
Daher sollte der erste Schritt immer das Gespräch mit dem «lauten» Nachbarn sein. Auch Matthées versuchte das: «Ich schilderte dem Nachbarn mein Problem, doch ohne Erfolg.» Also musste sie eine andere Lösung suchen. «Wenn das Gespräch mit dem Anlagenbetreiber keine Verbesserung bringt, empfehlen wir den Kontakt mit der Baubehörde der Gemeinde oder mit der kantonalen Lärmschutzfachstelle», sagt Sébastian Wschiansky vom Bundesamt für Umwelt.
Für das Installieren einer Wärmepumpe braucht es in der Regel eine Baubewilligung. Dabei gelten die Anforderungen des Umweltschutzgesetzes (USG) und der Lärmschutzverordnung (LSV). Nach dem USG sollen Lärmemissionen soweit begrenzt werden, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist. Gemäss LSV müssen bestimmte Grenzwerte eingehalten sein.
Diese Grenzwerte sind je nach Empfindlichkeitsstufe unterschiedlich. In reinen Wohnzonen etwa gilt die Stufe II, gemessen bei offenem Fenster. Dort darf der Geräuschpegel bei Tag nicht mehr als 43 dB betragen, bei Nacht nicht mehr als 33 dB. Das soll sicherstellen, dass die Lärmimmissionen höchstens geringfügig stören.
Ob eine Wärmepumpe die zulässigen Lärmwerte einhält, kann der genervte Nachbar aber nur durch eine offizielle Messung klären lassen. Dafür sollten sich Betroffene an die zuständige Behörde der Gemeinde oder des Kantons wenden. Ergibt die Messung, dass die Grenzwerte überschritten sind, muss der Betreiber innerhalb einer vorgegebenen Frist die Anlage auf seine Kosten aufrüsten. «Die erforderlichen Massnahmen sind meist leicht umsetzbar», sagt Milelli. «Teilweise reicht der Einsatz von Schallschutzhauben. Im schlimmsten Fall muss die Wärmepumpe umplatziert werden.»
«Grenzwert bietet keinen optimalen Lärmschutz»
Bewegen sich die Geräusche der Pumpe aber im zulässigen Lärmbereich, kann der betroffene Nachbar auf dem baurechtlichen Weg keine Massnahmen erzwingen. Dann muss er mit den Geräuschen leben oder allenfalls eine nachbarrechtliche Zivilklage einreichen.
Auch Matthées wollte endlich Klarheit: Sie reklamierte im Dezember 2014 bei der Gemeinde wegen des Lärms. Diese beauftragte die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern, Abteilung Luft & Immissionen, die Anlage zu prüfen.
Die Messung erfolgte Ende Januar 2015. Bei der Wärmepumpe wurde der nächtliche Grenzwert von 33 dB tatsächlich um 1 dB überschritten. Die Gemeinde ordnete auf Empfehlung der Abteilung Luft & Immissionen an, der Betreiber müsse die Schächte der Zu- und Abluft mit schallabsorbierendem Material auskleiden. Die Messgebühr von 210 Franken muss der Betreiber bezahlen, weil er mit seiner Wärmepumpe den Grund für die Untersuchung geliefert hat.
Für Astrid Matthées ist der Grenzwert zu hoch. Er biete keinen optimalen Lärmschutz, bedauert sie. Dennoch ist sie mit dem Ergebnis zufrieden. Sie selbst hat sich übrigens ebenfalls eine Wärmepumpe in ihrem Haus einbauen lassen. Notabene mit der grösstmöglichen Dämmung. Bislang hat sich noch kein Nachbar beschwert.
Tipps: Emissionen der Wärmepumpe senken
Gerätewahl:
Entscheiden Sie sich für eine leise Wärmepumpe. Einen Vergleich einiger Schallpegel finden Sie auf der Website des Wärmepumpen-Testzentrums unter www.wpz.ch.
Aufstellungsort:
Wärmepumpen, die im Inneren des Hauses positioniert sind, stören weniger. Platzieren Sie den Abluftschacht möglichst an einer Fassade, die von den Nachbarn abgewandt ist. Bei Aussenanlagen sollten Sie den Standort möglichst weit weg und abgewandt von den Nachbargrundstücken wählen.
Planung und Dämmung:
Nachträgliche Dämmung kann aufwendig und teuer sein. Entsprechende Massnahmen bei der Installation der Anlage sind in der Regel günstiger.
Informationen:
Die Liste der kantonalen Lärmfachstellen – ihre Vereinigung heisst Cercle Bruit – finden Sie unter www.laerm.ch.
Die sogenannte Vollzugshilfe «Lärmtechnische Beurteilung von Luft-Wasser-Wärmepumpen» des Cercle Bruit finden Sie unter www.cerclebruit.ch.