Die Hosentaschen von Isa Manga sind ebenso leer wie sein Portemonnaie. Seit Wochen hat der 25-Jährige kein Bargeld mehr in den Händen gehalten. Er lebt in Nigerias Megametropole Lagos, die viele Leute anzieht. Meist sind es junge Männer mit geringer Schulbildung. Sie hoffen, dass hier ihr Traum vom finanziellen und sozialen Aufstieg in Erfüllung geht. Manga kam aus dem Bundesstaat Gombe im Norden Nigerias in die Hafenstadt und wollte als Abfallsammler sein Geld verdienen. Sein Bruder gab ihm diesen Tipp.
In den vergangenen Wochen häufte der hagere Mann jedoch nur Schulden an. Umgerechnet 14 Franken muss er einer Köchin zurückzahlen, von der er regelmässig Reis oder einen Brei aus Maniok erhält. Selbst der Kauf von Trinkwasser – es wird in Nigeria in 0,5-Liter-Plastikbeutel abgefüllt – wird manchmal zum Problem. Das Leitungswasser ist so verschmutzt, dass es niemand trinkt.
Hintergrund für die schwierige finanzielle Situation bildet eine Entscheidung der Regierung des scheidenden Präsidenten Muhammadu Buhari im vergangenen Jahr. Innert nicht einmal zweier Monate wollte sie in Afrikas grösster Volkswirtschaft alle 200-, 500- und 1000-Naira-Noten austauschen lassen. 100 Naira entsprechen 20 Rappen.
Das Ergebnis: Vor dem ersten Stichtag am 31. Januar wollten Millionen von Leuten die alten Scheine so schnell wie möglich loswerden. Doch Händler und Verkäufer weigerten sich bereits Wochen vor der Frist, das Geld anzunehmen. Als immer klarer wurde, dass die neuen Noten wohl nicht in Umlauf kommen würden, waren die wenigen alten plötzlich wieder heiss begehrt. Gleichzeitig stritten Zentralbank, Regierung und Gerichte darüber, ob die festgelegten Fristen überhaupt legal sind.
Dramatische Wochen – auch für Isa Manga. Wenn er recycelbare Plastikabfälle kauft, muss er diese mit Bargeld bezahlen. Dieses erhält er, wenn er die Abfälle weiterverkauft. Der Bargeldverkehr kam jedoch über Wochen fast komplett zum Erliegen. Die Wut ist gross, und Manga sagt: «Ich fühle mich so schlecht. Ich will arbeiten und Geld verdienen. Aber jetzt funktioniert gar nichts.»
Nicht einmal die Hälfte der volljährigen Bevölkerung Nigerias hat ein Bankkonto – 220 Millionen Menschen leben im Land. Und gerade bei den Armen zählt nur Bares.
Inzwischen heisst es, dass die alten Scheine wieder in Umlauf kommen sollen. Ob sich die Situation schnell bessert, ist unklar. Isa Manga hat zumindest einen Plan B: «Im Notfall gehe ich zurück ins Dorf zu meinen Eltern.» Diese sind Bauern, und für Getreide und Gemüse braucht es dort wenigstens keine Naira-Noten.