Das Image hält sich hartnäckig: Segeln ist ein Freizeitvergnügen für Gutbetuchte. Diese Sichtweise ist aus zwei Gründen überholt: Erstens gibt es auf dem Schweizer Bootsmarkt viele neue und gebrauchte Segeljachten, die in Anschaffung und Unterhalt kein Vermögen kosten (siehe unten «Beim Bootskauf nichts überstürzen»).
Und zweitens existiert mit der Genossenschaft Sailcom seit Jahren eine Organisation, die dank gemeinsamer Bootsnutzung Segeln möglich macht, ohne ein Loch ins Portemonnaie zu reissen.
K-Geld hat die Kosten für Seglerinnen und Segler im Rahmen einer Stichprobe unter die Lupe genommen. Mit Unterstützung des Schweizerischen Segelverbands Swiss Sailing wurden dazu die Jahreskosten für Eigentümer drei verschiedener Jachten kalkuliert: einer neuen «Sunwind 301», einer 13-jährigen «Hanse 291» und einer «Dehler Varianta» mit Jahrgang 1974.
Zum Vergleich rechnete K-Geld aus, was die Nutzung identischer Boote für einen Feierabend-, einen Wochenend- und einen etwas ambitionierteren Freizeitsegler mit einer Sailcom-Mitgliedschaft kostet (siehe Tabelle im pdf-Artikel). Die wichtigsten Resultate:
- Eigentümer: Mit durchschnittlichen Jahreskosten von knapp 4000 Franken ist die «Dehler Varianta» auch für Normalverdiener finanziell tragbar. Die beiden teureren Boote gelangen sicher dann in Reichweite, wenn man sich die Kosten mit anderen Personen teilen kann.
Konkret belaufen sich die Jahreskosten bei der «Sunwind 301» auf ziemlich genau 10 Prozent des Neupreises, bei der «Hanse 291» und der «Dehler Varianta» auf gut 11 Prozent des Neupreises (inklusive Teuerung).
«Es ist erstaunlich, wie gut die unter Seglern kursierende Faustregel zutrifft, wonach Bootseigner die Jahreskosten mit rund 10 Prozent des Neupreises veranschlagen müssen», kommentiert Swiss-Sailing-Generalsekretär Ruedi Christen.
Zu beachten ist aber: Den vorliegenden Kalkulationen liegen bestimmte Annahmen zugrunde, was Standortkanton, Liegeplatz, Versicherungen usw. betrifft. Variieren diese Faktoren, ändern sich die Kosten.
- Sailcom-Mitglieder: Sie segeln einiges günstiger. Selbst der Freizeitsegler, der pro Jahr an insgesamt 30 Stunden unter der Woche und an fünf ganzen Wochenenden auf dem Wasser ist, spart gegenüber den Bootseigentümern rasch einmal mehrere tausend Franken.
Um auf der «Dehler Varianta» beispielsweise rund 4000 Franken auszugeben – und damit so viel wie ein Eigner –, könnte der Sailcom-Freizeitsegler das Boot pro Jahr gar an 46 Stunden unter der Woche und acht ganzen Wochenenden nutzen.
Eigner können bis zu 25 Prozent pro Jahr sparen
Allerdings: Viele dieser Zahlen sind nicht in Stein gemeisselt. So beruhen die vorliegenden Kostenkalkulationen für Bootseigner u.a. auf der Annahme, dass die Wartungs-, Pflege- und Erneuerungsarbeiten von einer Werft durchgeführt werden.
«Wer selber Hand anlegt, kann sicher rund 25 Prozent dieser Kosten sparen», so Ruedi Christen vom Segelverband. Eigentümer könnten etwa das Unterwasserschiff selber reinigen, schleifen und streichen, Beschläge und Leinen selber pflegen oder das Boot selber auswassern und einwintern.
Weitere Einsparungen bringt zum Beispiel der Verzicht auf die Kaskoversicherung, den man allerdings nur bei älteren Booten erwägen sollte, oder die Wahl eines Bojen- statt eines Stegliegeplatzes.
«Speziell bei Faktoren wie Bootsplatz und Winterlager kann es von Vorteil sein, wenn man Mitglied eines Segelclubs mit entsprechender Infrastruktur wird», weiss Christen. Ein Segelclubverzeichnis findet sich auf der Website von Swiss Sailing (www.swiss-sailing.ch).
Doch auch bei Sailcom lassen sich die Kosten beeinflussen. Wer der aktuell knapp 2200 Mitglieder zählenden Genossenschaft beitreten will, zahlt zwar stets eine einmalige Eintrittsgebühr von 200 Franken. Ansonsten aber wird zum Beispiel unterschieden zwischen Erst-, Folge- sowie Bootseigner-Mitgliedern, die unterschiedliche Jahresbeiträge (100, 60 und 20 Franken) zahlen.
Sailcom: Mehr mitarbeiten, günstiger segeln
Ferner gibt es drei Varianten von Mitgliedschaftsstatus, wobei prinzipiell gilt: Mehr Mitarbeit bei Sailcom führt zu günstigeren Segelboottarifen. Die reinen Nutzerinnen und Nutzer etwa, die sich an keinen Arbeiten beteiligen möchten, müssen einen Aufschlag von 20 Prozent auf die ausgeschriebenen Tarife in Kauf nehmen.
Die Tarife selber variieren zudem nicht nur nach Bootstyp, sondern auch nach Nutzungszeitpunkt: An Werktagen etwa segelt man günstiger als an Wochenenden. Und wer in einem Jahr mal gar nicht zum Segeln kommt, hat ausser dem Jahresbeitrag praktisch keine Kosten zu tragen.
Was Sailcom-Mitglieder ebenfalls schätzen dürften: «Sie können über unsere Mitsegelbörse Fahrten mit anderen Seglern vereinbaren», so Geschäftsführer Peter Auf der Maur. «Und sie haben Zugriff auf die Sailcom-Offshore-Plattform und damit Anschluss an Infos zum Hochseesegeln.» Zudem biete man günstige Weiterbildungskurse wie zum Beispiel Manövertrainings an.
Aktuell stehen bei Sailcom 68 Segelboote auf 16 Schweizer Seen zur Verfügung, die sich alle online buchen lassen. Einzige Bedingung: Für jedes Schiff, das man fortan frei nutzen möchte, muss man zunächst auf einer Fahrt mit dem Bootsverantwortlichen seine Segelkenntnisse unter Beweis stellen.
Wem das zu umständlich ist, für den bietet die 2008 gegründete Boat-Sharing-Gesellschaft Sailbox eine Alternative. Sailcom und Sailbox arbeiten in diversen Bereichen eng zusammen.
Doch Sailbox stellt ausschliess-lich identische Schiffe des Typs mOcean zur Verfügung. Deshalb müssen Sailbox-Mitglieder nur einmal einen Einführungskurs absolvieren und können danach sämtliche mOcean-Jachten nutzen.
Noch gibts erst zwei Sailbox-Jachten – je eine auf dem Ägeri- und auf dem Thunersee. Bis Ende 2011 sollen es aber schon zehn Boote auf fünf Seen sein. Ob Sailbox oder Sailcom –vorteilhaft ist für die Mitglieder zweifellos auch: das Liegeplatz-Problem fällt weg.
Auf Liegeplätze wartet man oft während Jahren
Auf frei werdende Bootsplätze wartet man etwa auf dem Zürichsee nicht selten 10 bis 20 Jahre, manchmal noch länger. Und auf anderen Seen sieht es oft nicht viel besser aus. Ein Segelboot kaufen sollte darum besser nur, wer bereits einen Liegeplatz hat oder diesen zusammen mit dem Schiff erwerben kann.
Übrigens: Auch Bootseigner können bei Sailcom mitmachen und so Kosten sparen. Sie stellen ihr Schiff den Sailcom-Mitgliedern zur Verfügung. Dafür erhalten sie 65 Prozent der Nutzungsgebühren, zahlen nur 20 Franken Jahresbeitrag und können ebenfalls vom ganzen Sailcom-Angebot profitieren.
Der Weg zum Segelschein: Das müssen angehende Skipper wissen
Um in der Schweiz ein Segelboot mit mehr als 15 m2 Segelfläche führen zu dürfen, benötigt man den sogenannten D-Schein. Hat das Boot zudem einen Motor mit über 6 Kilowatt Antriebsleistung, ist auch der A-Schein erforderlich.
- Das Mindestalter für den D-Schein beträgt 14 Jahre, für den Motorbootschein A muss man 18 Jahre alt sein.
- Die schriftliche Theorieprüfung für D- und A-Schein ist identisch und muss nur einmal abgelegt werden. Sie findet in der Regel im Schifffahrtsamt des Wohnkantons statt.
- Die praktische Prüfung ist innert 18 Monaten ab bestandener Theorieprüfung abzulegen. Sie findet nur statt, wenn die Windstärke mindestens 2 Beaufort beträgt.
- Als Vorbereitung für die praktische Prüfung zum D-Schein ist mit ungefähr 15 bis 20 Stunden Einzelunterricht oder rund 30 bis 35 Stunden Kleingruppenunterricht in einer Segelschule zu rechnen. Die Kosten variieren je nach Schule und Kursprogramm erheblich, 1300 bis 2000 Franken sind aber sicher realistisch.
- Verzeichnisse von Schweizer Segelschulen sind unter anderem zu finden unter: www.vsss-segelschulen.ch oder www.bootsfahrschulen-schweiz.ch > Segelschulen.
Tipps: Beim Bootskauf nichts überstürzen
Wer ein Segelboot kaufen will, sollte sich Zeit für Abklärungen nehmen. Sinnvoll ist es, sich minimale Erfahrungen mit verschiedenen Bootstypen anzueignen. Einen Überblick über Neuheiten bieten Messen wie die Suisse Nautic in Bern (12. bis 20. Februar 2011, www.suisse nautic.ch). Man kann sich aber auch online bei vielen Werften informieren (Verzeichnisse: www.bootbauer.ch, www.swiss-sailing.ch).
Mehrere Werften verkaufen auch Occasionen. Solche finden sich ferner zum Beispiel auf www.boot24.ch und www.nautic-markt.ch. Beim Occasionskauf sollte man sich von einem erfahrenen Segler begleiten lassen, um den Zustand des Bootes richtig zu beurteilen.
Findet der Handel zwischen Privaten statt, kann man vereinbaren, dass die Occasionsjacht nach dem Kauf in einer Werft überprüft wird. Die Prüfkosten zahlt der Käufer, die Behebung von Mängeln der Verkäufer.