Nach dem revidierten Kollektivanlagengesetz (KAG) gilt jede Person, die bei der Bank einen Vermögensverwaltungsvertrag unterschreibt, als «qualifizierter Anleger». Das gilt auch, wenn die Person von den diversen Anlagemöglichkeiten und den Finanzmärkten keine Ahnung hat – und gerade deshalb sein Geld von der Bank verwalten lässt.
Die Folge der Bezeichnung als «qualifizierter Anleger»: Der Vermögensverwalter darf für seinen Kunden sogar ausländische Produkte kaufen, die von der Finma nicht bewilligt sind. Das ist für Prisca Birrer-Heimo, Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz, unverständlich: «Gerade die Finanzkrise hat gezeigt, dass Publikumsanleger einen erhöhten Schutz brauchen.» Durch die nun vorliegende Definition der qualifizierten Anleger würden unerfahrene, kleine Vermögensverwaltungskunden dieses Schutzes beraubt. Eine Person mit einem Vermögensverwaltungsvertrag suche ja gerade die Unterstützung von Experten. «Sie von vornherein als ‹qualifiziert› zu bezeichnen, widerspricht jeglicher Logik», kritisiert die Luzerner SP-Nationalrätin.
Schriftliche Erklärung gegen die ungewollte Qualifizierung abgeben
Immerhin: Ein Kunde hat die Möglichkeit, schriftlich zu erklären, dass er als «nicht qualifizierter Anleger» gelten möchte. Das führt zu einem grösseren Anlegerschutz. Hat der Kunde nämlich eine solche Erklärung abgegeben, dürfen nur von der Finanzmarktaufsicht Finma bewilligte Produkte im Depot landen. Das heisst: Das Produkt, das Management, die Hersteller sowie die Verkäufer müssen gewisse regulatorische Bedingungen erfüllen. Das schränkt die Auswahl der Wertschriften ein, verhindert aber Verluste wie bei den Papieren der Bank Lehman.
Als qualifizierte Anleger gelten nach dem neuen Gesetz auch Leute mit einem Vermögen ab 5 Millionen Franken (davon dürfen 2 aus Immobilien bestehen). Auch das mutet seltsam an: Wer zum Beispiel eine grössere Summe erbt, ist deshalb noch lange kein Finanzprofi.
Auch Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf warnte vor der Neuregelung: Es könne nicht einfach angenommen werden, eine ältere vermögende Person verfüge über dieselben Qualifikationen wie ein professionelles Unternehmen, nur weil sie mit einer Bank einen Vermögensverwaltungsvertrag abgeschlossen hat.
Als eine der wenigen Verbesserungen der Gesetzesrevision bleibt die Protokollpflicht bei Anlagefonds: Banken und Vermögensverwalter müssen neu ab diesem Jahr ihre Kaufempfehlungen dem Kunden schriftlich in einem Protokoll begründen. Prisca Birrer-Heimo begrüsst diesen Entscheid: «Anleger, die gerichtlich gegen Banken oder Vermögensverwaltungen vorgingen, konnten bisher fehlerhafte Beratungen kaum beweisen, weil sie keine schriftlichen Dokumente hatten. Dies wird sich nun zumindest bei den Anlagefonds ändern.»