Allein in der Schweiz gibt es rund 7500 Fonds mit einem Investitionsvermögen von 1250 Milliarden Franken. Weltweit gibt es über 100 000 Fonds. Eine Riesenauswahl, die den individuellen Entscheid schwierig macht: Welcher Fonds passt ins eigene Depot? Welcher bringt die erhoffte Rendite? Hotels werben mit Sternen um ihre Kunden, Restaurants mit Gault-Millau-Punkten – und auch bei den Fonds können sich die Anleger auf ein leicht verständliches Bewertungssystem von Rating- und Ranking-Agenturen abstützen. Viele Investoren schwören auf diese Ranglisten und Sterne. Doch was taugen sie?
Jedes Rating bezieht sich auf Daten aus der Vergangenheit
Für K-Geld hat Morningstar – neben Lipper, Standard & Poor’s und Feri Trust eine der vier grossen Ratingagenturen – die Morningstar-Sterne und die effektiven Renditen unter die Lupe genommen. Fazit: In der Phase 2011 bis 2013 schnitten die bestbewerteten 4- und 5-Sterne-Fonds in allen Kategorien besser ab als der Durchschnitt. In der Phase von 2004 bis 2013 war das Ergebnis aber schon weniger deutlich: Die 4- und 5-Sterne-Fonds mit Schweizer Aktien blieben leicht unter dem Durchschnitt. Auch bei defensiven Mischfonds war der Durchschnitt besser als die 4- und 5-Sterne-Fonds. Deutlich bessere Resultate zeigten diese hingegen in der Kategorie Aktien global, bei Obligationen und bei ausgewogenen Mischfonds.
Ali Masarwah von Morningstar kommt deshalb zum Schluss: «Mit einiger Sicherheit kann ein Anleger davon ausgehen, dass unsere 4- und 5-Sterne-Fonds ab dem Zeitpunkt des Ratings in Zukunft besser abschneiden als der Markt.» Eine kühne Behauptung. Auch wenn sie für viele Fonds zutrifft, so nützt sie dem Anleger wenig. Er weiss nicht, wie ein Fonds tatsächlich abschneiden wird. Und: Jedes Rating bezieht sich auf Daten aus der Vergangenheit. Das heisst: Es ist keine Garantie, dass es immer so weitergeht. Ein typisches Beispiel: Jahrelang war die Wertentwicklung des Carmignac-Mischfonds beeindruckend, viele Gesellschaften versuchten, den Erfolg zu kopieren. Edouard Carmignac galt als der grosse Star unter den Fondsmanagern weltweit. Doch Ende 2011 stürzte der Fonds ins Mittelfeld ab.
Das zeigt, dass kein Fondsmanager alles zu Gold machen kann, was er in die Hände nimmt. Oft handelt es sich schlicht um Glück, wenn der Fondsmanager hohe Risiken eingeht und am Schluss – aus welchen Gründen auch immer – recht behält. Auch Carmignac war in der Finanzkrise hochriskante Wetten eingegangen, die eine Zeitlang aufgingen.
Top positionierte Fonds werden plötzlich zu gross
Ein anderes Problem bei Fonds, die längere Zeit erfolgreich sind: Anleger folgen dem Herdentrieb. 2010 flossen beispielsweise 94 Prozent der weltweit in Fonds investierten Mittel in 0,5 Prozent des gesamten Fondsangebots. Das heisst: Top positionierte Fonds werden plötzlich zu gross. Weil nur eine geringe Auswahl an hoch rentablen Investitionsmöglichkeiten besteht, werden die Manager in ihrer Anlageentscheidung beeinflusst und können die einst erfolgreiche Strategie nicht mehr durchziehen, das hohe Volumen verwässert die ursprüngliche Anlage-Idee.
Kommt hinzu: Die Sterne von Morningstar beziehen sich nur auf quantitative Angaben aus der Fondsanalyse. Sogenannt weiche Faktoren werden nicht berücksichtigt. Bei einem Fonds können diese aber entscheidend sein. Wichtig ist, ob ein ganzes Team – wie zum Beispiel bei Swisscanto – oder ein einzelner Manager für den Fonds verantwortlich ist. Erfolgreiche Fondsmanager wechseln nach knapp drei Jahren ihren Job. Und oft betrachten Anleger nur die steigenden Phasen: Vielfach brechen aber jene Fonds bei fallenden Märkten übermässig ein, die bei steigenden Märkten obenaus geschwungen haben.
Von entscheidender Bedeutung ist die Einordnung des Fonds in eine bestimmte Kategorie wie «Aktien Schweiz» oder «Obligationen Europa». Da jede Rating- und Rankingagentur unterschiedliche Fonds zu solchen Untergruppen zusammenfasst, sind Vergleiche schwierig.
Berechnungsmethoden sind von Agentur zu Agentur anders
Ein Fonds mit herausragender Performance erhält zudem selten bei allen Anbietern die beste Bewertung, was man eigentlich als Anleger annehmen würde. Der Grund sind die diversen Berechnungsmethoden. Schon die Definition der Rendite ist unterschiedlich: Morningstar rechnet die Ausgabekosten mit ein, andere beziehen sich auf die Bruttoperformance samt Ausschüttungen. Auch der Umgang mit Risiken wird unterschiedlich betrachtet. Für die einen ist die Volatilität der entscheidende Faktor. Andere berechnen den grössten Wertverlust während einer Periode oder das Ausmass, wie stark die Performance eines Fonds vom Vergleichsindex abweicht.
Fazit: Der Anleger tut gut daran, sich bei Inseraten und Verkaufsunterlagen der verschiedenen Fondshäuser nicht von den dort reisserisch zitierten 4 oder 5 Sternen von Morningstar blenden zu lassen – und auch nicht von Ranglisten und Awards anderer Agenturen. Eine erfolgreiche Fonds-Auswahl ist auch mit Hilfe von Ratings nicht möglich. Am besten schlafen und sich langfristig über einen Mehrertrag freuen kann, wer einen Indexfonds oder ETF wählt.