«Ausstrahlung macht sexy - Geld verdirbt den Charakter»
Inhalt
K-Geld 2/2000
01.12.2000
Otto ineichen, Chef von OTTO's AG und Miracle-Retter, will sich auch künftig für Kleinbetriebe einsetzen.
Was hat Sie motiviert, ausgerechnet bei der Pleitefirma Miracle einzusteigen?
Gegen hundert Schweizer Firmen hängen von der Software von Miracle ab. Erhalten sie plötzlich keine Unterstützung mehr, so entsteht ihnen und damit der Schweizer Volkswirtschaft ein Riesenschaden. Zudem hat mir imponiert, mit welcher Begeisterung und Aufopferung die Leute bei Mira...
Otto ineichen, Chef von OTTO's AG und Miracle-Retter, will sich auch künftig für Kleinbetriebe einsetzen.
Was hat Sie motiviert, ausgerechnet bei der Pleitefirma Miracle einzusteigen?
Gegen hundert Schweizer Firmen hängen von der Software von Miracle ab. Erhalten sie plötzlich keine Unterstützung mehr, so entsteht ihnen und damit der Schweizer Volkswirtschaft ein Riesenschaden. Zudem hat mir imponiert, mit welcher Begeisterung und Aufopferung die Leute bei Miracle arbeiten.
Würden Sie auch in andere Start-ups mit vergleichbaren Problemen investieren?
Ich engagiere mich immer wieder bei Kleinfirmen aus dem Bereich neue Technologien. Aber ich schaue darauf, dass sie solide wirtschaften, mit den verfügbaren Mitteln sehr sparsam umgehen und möglichst schnell Cashflow erwirtschaften. Einfach das schnelle Geld an der Börse zu machen verdirbt den Charakter. An die Börse darf man erst, wenn man Gewinne erwirtschaftet.
Womit haben Sie selbst Ihr erstes Geld verdient?
Ich habe bei den Bauern der Umgebung Kaninchen aufgekauft und sie gegen einen Aufpreis meinem Vater, einem Metzgermeister, weiterverkauft.
Wofür geben Sie unvernünftig viel Geld aus?
Für Autos. Ich besitze einen Mercedes 430E, einen Porsche Cabriolet 911 und drei Oldtimer. Unvernünftig und verlustreich war auch der Kauf eines Hotels in Sursee. Ich glaubte, ich könnte es wieder auf die Beine bringen. Aber da hab ich mich überschätzt, darum habe ich es jetzt weiterverkauft.
Was ist für Sie Verschwendung?
Mein eigener Umgang mit der Energie ist leider verschwenderisch. Als Firma sind wir sehr umweltbewusst, persönlich gehe ich manchmal den Weg des geringsten Widerstands.
Was ist für Sie Geiz?
Wenn man hinter dem Geld her ist wie der Teufel hinter einer armen Seele. Geizigen Menschen fehlt es vielfach an Lebensfreude.
Welche Ausgabe hat Sie bisher am meisten gereut?
Der Porsche hat mich gereut, obwohl ich ihn günstig erworben habe. Ich habe gar keine Zeit, um damit herumzufahren.
Wie legen Sie Ihr Vermögen an?
Mein ganzes Geld steckt in der Firma und in drei Start-ups.
Welche Aktie haben Sie zu früh verkauft?
Ich besitze seit Jahren keine Börsenpapiere mehr.
Welche Aktie würden Sie jetzt kaufen?
Ich möchte gerne einen Fonds für Beteiligungen an erfolgreichen Familienbetrieben mit Wachstumspotenzial aufbauen, die nicht an die Börse wollen. Darin würde ich dann auch gerne selbst investieren.
Wie viel Taschengeld brauchen Sie monatlich?
Normalerweise sehr wenig, täglich ein Kafi/Gipfeli mit meiner Frau. Ferien leisten wir uns aber in der Erstklasskategorie.
Wie viel geben Sie für Geschenke aus?
Meiner Frau schenke ich regelmässig Blumen und zum Geburtstag feine Wäsche von Fachgeschäften. Zu meinen Söhnen bin ich sehr grosszügig. Sie erhalten zum Beispiel einen Zustupf fürs Auto oder für Markenartikel. Alle verdienen ihr eigenes Geld - auch die beiden, die noch studieren.
Macht Geld sexy?
Nein, Ausstrahlung macht sexy. Geld verdirbt eher den Charakter. Je mehr man hat, je gieriger wird man. Ich hinterfrage mich darum auch selbst immer wieder kritisch: Machst Du das nun aus Freude und Überzeugung oder nur, weil Du hinter dem Geld her bist?
Wie kann man heute noch viel verdienen?
Es gibt unzählige Marktnischen, die man noch ausfindig machen kann. Täglich erhalte ich Anfragen von Menschen, die eine Geschäftsidee haben. Vieles davon ist nicht realisierbar. Sehr oft hat es aber etwas darunter, womit sich wirklich ein neues Geschäft aufbauen lässt: die Idee für einen Zusatznutzen für die Kunden oder eine Mehrleistung, die andere nicht erbringen.
Wofür würden Sie die letzten 100 Franken ausgeben?
Ich würde sie entweder mit meiner Familie teilen oder in ein neues Geschäft investieren.
Wie belohnen Sie sich selbst für gute Leistungen?
Meine Freude darüber ist mir Belohnung genug. Aber ich neige dazu, Erfolge auch herauszuposaunen - eine Schwäche von mir.
Was würden Sie tun, wenn Sie Pleite gingen?
Ich habe diese Erfahrung vor gut 20 Jahren gemacht. Und manchmal habe ich deswegen noch heute Albträume. Jeder ist für sein Versagen selbst verantwortlich und kann niemandem sonst die Schuld dafür geben. Ich würde ohne zu zögern wieder ein neues Unternehmen aufbauen, wahrscheinlich wieder im Handelsbereich, weil ich dafür einen guten Spürsinn, Kenntnisse und Erfahrung habe.
Fredy Hämmerli