Kleinkredit - Kampf um 15-Prozent-Grenze
Inhalt
saldo 20/2000
06.12.2000
Kleinkreditbanken wollen verhindern, dass der zulässige Zins per Gesetz auf maximal 15 Prozent festgelegt wird. Im Parlament konnten sie bisher fest auf die Hilfe von SVP und FDP vertrauen.
Am Anfang war eine parlamentarische Initiative der Zürcher SP-Nationalrätin Christine Goll. Sie forderte 1995 ein Konsumkreditgesetz. Darin sollte unter anderem bestimmt werden, dass der Zins für Konsumkredite höchstens 15 Prozent betragen dürfe. Alles andere als ein revolutionäres Ansin...
Kleinkreditbanken wollen verhindern, dass der zulässige Zins per Gesetz auf maximal 15 Prozent festgelegt wird. Im Parlament konnten sie bisher fest auf die Hilfe von SVP und FDP vertrauen.
Am Anfang war eine parlamentarische Initiative der Zürcher SP-Nationalrätin Christine Goll. Sie forderte 1995 ein Konsumkreditgesetz. Darin sollte unter anderem bestimmt werden, dass der Zins für Konsumkredite höchstens 15 Prozent betragen dürfe. Alles andere als ein revolutionäres Ansinnen, denn verschiedene Kantone hatten diese Zinsgrenze schon früher eingeführt.
Erster Entscheid befürwortete die Höchstzinslimite
Eine Mehrheit des Nationalrats unterstützte 1996 Golls Initiative. Anschliessend arbeitete der Bundesrat einen Entwurf für ein Konsumkreditgesetz aus. Doch die heisse Kartoffel wollte er nicht anpacken: Auf Grund der Opposition aus Bankenkreisen enthielt seine Vorlage keine Höchstzinslimite. Die Kompetenz zur Festlegung der Zinsgrenze beanspruchte die Regierung für sich selbst - via bundesrätliche Verordnung. Im September 1999 erteilte die Mehrheit des Nationalrates dem Bundesrat eine Abfuhr. Sie befürwortete eine per Gesetz festgelegte Höchstzinslimite von 15 Prozent. Die 60 Gegenstimmen kamen aus den Reihen von FDP und SVP.
Keine Freude am Entscheid hatten die Kleinkreditbanken. Die Wirtschaftsförderung, eine PR-Agentur der einflussreichsten Wirtschaftsverbände, belieferte die Parlamentarier daraufhin mit Unterlagen, in denen gegen "die Bevormundung der Konsumentinnen und Konsumenten" gewettert wurde. Der Geschäftsführer des Leasingverbandes, der Zürcher Rechtsanwalt Markus Hess, sprach in parlamentarischen Kommissionen vor. Seine Botschaft: Preise ins Gesetz zu schreiben sei Unsinn.
Auch Luciano Passardi, Präsident des Verbands Schweizer Kreditbanken und Finanzierungsinstitute (VSKF), wurde von den parlamentarischen Kommissionen als Experte vorgeladen. Passardi ist Verwaltungsratspräsident der GE-Capital Services AG, früher als Bank Prokredit bekannt, des grössten in der Schweiz tätigen Kleinkreditinstituts. Mario Roncoroni vom Verein Schuldensanierung in Bern zu GE-Capital: "40 Prozent aller Kreditverträge, die wir zu sehen bekommen, stammen von der GE-Capital."
Die Lobbytätigkeit der Banken zeigte bei den Ständeräten Wirkung: Im September dieses Jahres verlangte der Aargauer Maximilian Reimann (SVP), dass die Höchstzinslimite wieder aus dem Gesetz entfernt werde. Die Zürcher Ständerätin Vreny Spoerry (FDP, unter anderem Verwaltungsrätin bei der Credit Suisse) unterstützte Reimanns Vorschlag. In der Abstimmung hatten die Bankenvertreter im Ständerat mit 23 zu 16 Stimmen die Oberhand.
Das Tauziehen geht weiter: Banken kämpfen hart
Weil sich National- und Ständerat nicht über den Inhalt des neuen Konsumkreditgesetzes einigen konnten, geht die Vorlage nochmals an den Nationalrat zurück. Am 7. Dezember kommt sie dort nochmals zur Abstimmung. Vorbereitet hat das Geschäft in den letzten Wochen die nationalrätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben. In der ersten Sitzung Ende Oktober beschloss sie eine neue konsumentenschützende Variante: Danach darf der jährliche Höchstzinssatz für Konsumkredite den durchschnittlichen Zins für Spareinlagen um höchstens 10 Prozent überschreiten. Bezahlen die Banken also beispielsweise 3 Prozent Zinsen für Spareinlagen, darf der Kleinkreditzins höchstens 13 Prozent betragen.
Trotz dieser immer noch grossen Differenz zwischen Haben- und Sollzinsen ging das den Banken zu weit. Drei Wochen später kam FDP-Kommissionsmitglied Fulvio Pelli, unter anderem Verwaltungsrat der Nationalbank, einer Privatbank in Lugano und der Schweizerischen Mobiliar, auf den früheren Antrag zurück: Der Bundesrat solle für die Festsetzung des Zinssatzes zuständig sein und den massgeblichen Konsumkreditzinssatz der Nationalbank berücksichtigen, wobei der Zins "in der Regel" nicht mehr als 15 Prozent betragen dürfe.
Bei der zweiten Abstimmung in der vorbereitenden Kommission gewann der Bankenvertreter Fulvio Pelli. FDP und SVP stimmten für die Bankenvariante, die SP und Ruth Genner (Grüne Partei) dagegen. Entscheidend waren die Stimmen der CVP: Lucrezia Meier-Schatz stimmte gegen Pellis Vorschlag, Jean-Philippe Maitre (unter anderem Verwaltungsrat der Nationalbank) dafür.
Auch am 7. Dezember wird die CVP das Heft in der Hand haben - und sich entweder für den Schutz der Konsumenten oder die Banken entscheiden müssen. Sie ist gespalten: Der Thurgauer Nationalrat Hansueli Raggenbass etwa wird den Vorschlag von Pelli unterstützen, Meier-Schatz will am Höchstzins von 15 Prozent festhalten. Und glaubt, dass sie im Nationalrat eine Mehrheit finden wird. Das gäbe wieder Arbeit für die Bankenvertreter.
Catherine Boss