Sind gemeinsame Kinder da? Ist das Vermögen erarbeitet oder geerbt? Ist ein Haus vorhanden, das der überlebende Ehepartner weiterhin bewohnen möchte? Das sind die entscheidenden Komponenten, die es zu beachten gilt, wenn Eheleute erreichen wollen, dass der überlebende Ehepartner möglichst viel erhält.
K-Geld hat dazu drei typische Situationen definiert, an denen sich die maximale Begünstigung illustrieren lässt – jeweils mit den zwei Varianten mit und ohne gemeinsame Kinder. Für das Verständnis sind drei Begriffe wichtig, die die Zusammensetzung des ehelichen Vermögens betreffen: Eigengut, Errungenschaft und Vorschlag.
- Eigengut: Zum Eigengut gehört alles, was ein Partner mit in die Ehe bringt. Weiter gehören Geschenke und Erbschaften, die er während der Ehe erhält, dazu. Auch allfällige Genugtuungsleistungen (etwa Schmerzensgeld von einer Versicherung) und alle Gegenstände, die ausschliesslich dem persönlichen Gebrauch dienen (Instrumente, Sportausrüstungen, Kleider usw.), sind Eigengut.
- Errungenschaft: Mit der Errungenschaft ist das gemeinsam Ersparte gemeint. Die Errungenschaft umfasst alles, was die Partner ab dem Zeitpunkt der Eheschliessung «erringen», also erarbeiten und mit dem Lohn kaufen. Zur Errungenschaft zählen auch während der Ehe gemeinsam gekauftes und aus Löhnen finanziertes Wohneigentum, Erträge aus dem Eigengut (Zinsen und Dividenden) sowie Renten.
- Vorschlag: Falls die Errungenschaft einen positiven Saldo ausweist (also die Schulden nicht überwiegen), so heisst diese Summe Vorschlag.
Ärger vermeiden – dank Ehe- und Erbvertrag
Beachten Sie auch noch die folgenden Punkte:
- Wenn in den drei typischen Situationen von Kindern die Rede ist, sind immer gemeinsame Kinder des Ehepaars gemeint. Bei Patchwork-Familien ist die Situation anders.
- Zudem handelt es sich stets um den Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Dieser tritt bei Heirat automatisch ein, wenn nichts anderes vereinbart wurde.
- Ein wichtiges Element der optimalen Begünstigung ist der Ehe- und Erbvertrag. Er muss öffentlich vom Notar beurkundet werden.
- Im Text ist oft von Anordnungen die Rede, die im Testament gemacht werden können. Diese Lösung hat den Nachteil, dass jeder Ehepartner sein Testament jederzeit in eigener Regie ändern kann. Diese «Unverbindlichkeit» können Eheleute umgehen, indem sie die gewünschten Anordnungen für den Todesfall in einem gemeinsamen Erbvertrag festhalten. Dieser lässt sich nur im gegenseitigen Einvernehmen abändern.
Situation 1: Nur gemeinsam Erspartes vorhanden
Bei Heirat kein Vermögen; das Paar hat keine Erbschaften und Schenkungen erhalten und vorhandenes Geld während der Ehe gemeinsam erwirtschaftet.
Variante mit gemeinsamen Kindern: Ehevertrag
Ohne Ehevertrag und ohne Testament würde Folgendes passieren: Der überlebende Ehepartner erhält nur die Hälfte der Errungenschaft. Die andere Hälfte kommt in den Nachlass (wird also zum Erbe). Davon erhält der überlebende Ehepartner wiederum die Hälfte, die andere Hälfte geht an die Kinder.
Was tun? Die Eheleute vereinbaren mit einem öffentlich beurkundeten Ehevertrag, dass der gesamte Vorschlag (siehe oben) dem überlebenden Ehepartner zufallen soll. Beim Fehlen von Eigengut – es ist also nur Errungenschaft vorhanden – umfasst dieser Vorschlag das ganze Vermögen nach Abzug der Schulden. Resultat: Stirbt ein Ehepartner, gibt es keine Erbschaft zum Verteilen. Die Kinder erhalten (noch) nichts, weil der überlebende Ehegatte das gesamte Vermögen auf Grund des Ehevertrags erhält. Stirbt dann auch der zweite Ehepartner, geht alles, was noch vorhanden ist, an die Kinder, sofern der überlebende Ehepartner im Testament nichts anderes bestimmt hat.
Was aber geschieht, wenn der überlebende Ehepartner wieder heiratet, aber später zuerst stirbt? Dann würde der zweite Ehepartner unter anderem die Hälfte des übriggebliebenen Nachlasses seines Vorgängers erhalten. Das können die «ursprünglichen» Eheleute im Ehevertrag verhindern, indem sie dort eine sogenannte Rückfallklausel aufnehmen. Sie besagt, dass die Kinder – nachdem auch der zweite Elternteil verstorben ist – das Erbe erhalten, das sie beim Tod des zuerst gestorbenen Elternteils bekommen hätten.
Variante ohne Kinder: Ehevertrag oder Testament
Sind keine Kinder da, braucht es einen Ehevertrag nur, falls noch Eltern leben. Denn sie haben ein Pflichtteilsrecht. Mit einem solchen Ehevertrag passiert beim Tod des ersten Partners das Gleiche wie oben: Der überlebende Partner erhält die gesamte Errungenschaft, die Eltern nichts.
Leben keine Eltern mehr, reicht ein Testament. Dort setzt man den Ehepartner als Alleinerben ein. Ohne ein solches Testament würden allenfalls Geschwister oder Nichten beziehungsweise Neffen einen Viertel erben. Hat das Ehepaar ein Haus, gibt es mit der Lösung Ehevertrag oder Testament kein Problem, weil der überlebende Ehepartner alleiniger Eigentümer des Hauses wird – egal ob gemeinsame Kinder vorhanden sind oder nicht.
Situation 2: Nebst Erspartem ist auch ein kleines Erbe im Spiel
Bei der Heirat war wenig Vermögen vorhanden. Das Paar hat kleinere Summen geerbt oder geschenkt erhalten und viel Geld gemeinsam erwirtschaftet.
Variante mit gemeinsamen Kindern
Nötig sind in diesem Fall ein Ehevertrag plus Testament, in dem die Kinder auf den Pflichtteil gesetzt werden, oder ein Erbvertrag, in dem die Kinder zustimmen, dass sie auf ihren Pflichtteil verzichten. Resultat ohne Erbvertrag: Ist zusätzlich zur Errungenschaft (gemeinsam erarbeitet) etwas Eigengut vorhanden, zum Beispiel ein Erbe, kann der überlebende Ehegatte noch (zusätzlich zum Ehevertrag, siehe Situation 1) per Testament begünstigt werden: Beide Ehepartner schreiben in ihrem Testament, dass die Kinder auf den Pflichtteil gesetzt werden und die frei verfügbare Quote dem überlebenden Ehepartner zufallen soll.
Beispiel: Der Mann hat 100’000 Franken geerbt (Eigengut). Die zwei Kinder erhalten nach Gesetz die Hälfte, also je 25’000 Franken. Werden sie auf den Pflichtteil gesetzt, erhalten sie nur je 18’750 Franken (drei Viertel). Die überlebende Ehegattin erhält so von den 100’000 Franken 62’500 Franken statt bloss 50’000 Franken. Nachteil dieser Lösung: Im schlimmsten Fall müsste die überlebende Ehefrau das gemeinsame Haus verkaufen oder die Hypothek erhöhen, falls die Kinder auf der Auszahlung ihres Erbteils bestehen.
Resultat mit Erbvertrag: Solche Probleme lassen sich verhindern, wenn die Kinder im Erbvertrag freiwillig auf ihren Pflichtteil verzichten, bis auch der zweite Elternteil tot ist. Die Kinder müssen aber damit einverstanden sein und den Erbvertrag mitunterzeichnen. Auch hier stellt sich die Frage: Was geschieht, wenn der erste Ehepartner gestorben ist und der überlebende Ehepartner wieder heiratet? Dann würde der zweite Ehepartner unter anderem die Hälfte des übriggebliebenen Nachlasses seines Vorgängers erhalten.
Hier ist eine Rückfallklausel im Ehe- und Erbvertrag (oder eine Nacherbschaft) zugunsten der Nachkommen denkbar. Ihr Zweck ist es, dass die Kinder, nachdem auch der zweite Elternteil gestorben ist, das Erbe erhalten, das sie beim Tod des zuerst gestorbenen Elternteils bekommen hätten.
Variante ohne Kinder
Sind keine Kinder vorhanden, wohl aber noch Eltern, braucht es für die Meistbegünstigung des Ehepartners ebenfalls einen Ehevertrag. Zusätzlich können die Eltern mittels Testament auf den Pflichtteil gesetzt werden. So würden diese einen kleinen Teil des Erbes, nämlich des Eigenguts, erhalten, je 1/16. Oder: Die Eltern verzichten freiwillig und von sich aus auf ihren Pflichtteil, was jedoch wiederum einen Erbvertrag erfordert.
Man kann auch die ganze Erbschaft mittels Ehevertrag und Testament dem überlebenden Ehegatten zuwenden und darauf spekulieren, dass die Eltern vor dem Ehepartner sterben, oder dass sie diese «heimliche» Enterbung nicht anfechten. Leben keine Eltern mehr, erübrigt sich ein Ehe- oder Erbvertrag. Es genügt ein Testament, in dem der Ehepartner als Alleinerbe eingesetzt wird. Ohne Testament würden allenfalls Geschwister oder Nichten beziehungsweise Neffen einen Viertel erben.
Situation 3: Viel Eigengut, viel gemeinsam Erspartes
Bei der Heirat war viel Vermögen vorhanden. Das Paar hat grössere Summen geerbt oder geschenkt erhalten und viel Geld gemeinsam erwirtschaftet. Juristisch betrachtet ist diese Situation gleich wie Situation 2. Aber es geht um eine grössere Erbschaft. Also ist ein Ehe- und Erbvertrag umso lohnender. Allerdings könnte es schwieriger werden, das Einverständnis der Kinder (oder der Eltern) zu erhalten, auf ihren Pflichtteil zu verzichten.
Variante mit gemeinsamen Kindern
Nötig sind ein Ehevertrag plus Testament, in dem die Kinder auf den Pflichtteil gesetzt werden. Alternative: ein Erbvertrag, in dem die Kinder auf ihren Pflichtteil verzichten. Wenn die Kinder mit einem Erbvertrag einverstanden sind, gibt es keine Probleme. Die Frau erhält alles – auch ein allfällig vorhandenes Haus. Das Einverständnis der Kinder ist möglicherweise mit einer Nacherbschaft oder einer Rückfallklausel leichter erhältlich (siehe Situationen 1 und 2).
Falls aber die Kinder keinen Erbvertrag und damit auch keinen vorläufigen Verzicht wollen, kann das Ehepaar – via Ehevertrag – dem überlebenden Partner die ganze Errungenschaft zuweisen und die Kinder im Testament auf den Pflichtteil setzen. Aber diese Lösung könnte zur Folge haben, dass der überlebende Partner das gemeinsame Haus verkaufen muss, falls die Kinder auf der Auszahlung ihres Erbteils bestehen – und dazu sind sie berechtigt.
Hier kommt die Möglichkeit ins Spiel, dem überlebenden Ehepartner das Nutzniessungsrecht einzuräumen. Die Ehepartner legen zusätzlich zum Ehevertrag im Testament fest, dass der überlebende Ehepartner die Nutzniessung am Erbanteil der Kinder erhält. Das kann Barwerte oder Immobilien betreffen. Folge: Die Kinder können nicht auf Auszahlung ihres Erbteils bestehen. Somit besteht kein Zwang, das gemeinsame Haus zu verkaufen. Der Überlebende kann es nutzen, also bis ans Lebensende darin wohnen, oder es vermieten und Zinsen kassieren. Aber er darf das Haus – und allenfalls Wertschriften – nicht verkaufen oder verschenken.
Ein Nutzniessungsrecht hat immer zur Folge, dass der Erblasser dem überlebenden Ehepartner nur einen Viertel des Nachlasses zum Eigentum vermachen kann. Über diesen Viertel kann der überlebende Ehepartner frei verfügen. Hier empfiehlt es sich, im Testament eine Zuteilung zu machen. Optimal ist, dass das zugeteilte Viertel aus Barvermögen und Wertschriften besteht, damit der überlebende Partner «flüssig» ist. Zudem kann ein Paar im Testament eine Wahlmöglichkeit festlegen: Beim Tod des Partners wählt der überlebende Ehepartner selber, ob er die Nutzniessung will oder die erste Variante (Ehevertrag und Kinder im Testament auf den Pflichtteil gesetzt).
Variante ohne Kinder
Hier gilt das Gleiche wie in Situation 2.