Deutliche Worte: Am 30. Juli 2014 hat das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen Klartext gesprochen. Es musst einen Verteilplan für Pensionskassengelder beurteilen – und hat ihn als «stossend» abgelehnt. Die Versicherten würden ungleich behandelt und einige gar mit einer Art «Busse» bestraft.
Den Streit vor Gericht gebracht hatte eine Frau aus dem Raum Zürich. Ihre bisherige Pensionskasse wurde aufgelöst, weil sie von einer anderen Kasse übernommen wurde. Die bisherige Kasse überwies deshalb das gesamte individuelle Altersguthaben an die neue Vorsorgeeinrichtung. Denn das eigene Altersguthaben begleitet jeden Angestellten wie ein persönliches Sparschwein – auch dann, wenn die Pensionskasse von einer anderen übernommen wird.
Der Streit drehte sich aber um die Verteilung der freien Mittel. Denn die bisherige Kasse entschied: Einen Teil ihres Anspruchs erhalten die Angestellten individuell sofort gutgeschrieben, den Rest in fünf Tranchen, verteilt auf die nächsten fünf Jahre. Und: Sollte die anspruchsberechtigte Person vor Ablauf dieser fünf Jahre aus dem Betrieb ausscheiden, geht der Anspruch auf die noch fehlenden Tranchen verloren.
Die betroffene Frau hat so noch einen Anspruch auf 44 000 Franken, verteilt auf fünf Jahrestranchen zu je 8800 Franken. Hätte sie aber nach zwei Jahren gekündigt, hätte sie nur zwei Fünftel bzw. 17 600 Franken erhalten statt insgesamt 44 000 Franken.
«Nicht immer rechtmässig oder fehlerfrei»
Anders ausgedrückt: Die Pensionskasse machte die Überweisung eines Teils der freien Mittel von der künftigen Firmentreue abhängig – und dies hat das Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig abgelehnt. Aus zwei Gründen:
- Die gestaffelte Auszahlung hätte die Angestellten stärker an den Betrieb gebunden, es wäre also eine Art goldene Fessel gewesen. Doch betriebliche oder wirtschaftliche Interessen des Betriebs dürften bei der Ausarbeitung eines Verteilplans keine Rolle spielen.
- Würden Angestellte vor Ablauf der fünf Jahre kündigen, würden Sie einen Teil ihres Anspruchs verlieren. Die zu verteilende Restsumme würde dadurch grösser und die Auszahlung an die betriebstreuen Angestellten würde so höher. Das verstosse gegen das Gebot der Gleichbehandlung.
Das Urteil ist auch eine Ohrfeige für die BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich (BVS), die diesen rechtswidrigen Verteilplan abgesegnet hatte.
Die betroffene Frau wurde von der Zürcher Rechtsanwältin Susanne Friedauer vertreten. Sie ist überzeugt: «Was Pensionskassen-Aufsichtsbehörden bewilligen, ist nicht immer rechtmässig oder fehlerfrei. Es kann sich lohnen, solche Verfügungen vom Gericht überprüfen zu lassen.» Die betroffene Pensionskasse hat angekündigt, das Urteil werde umgesetzt.
Was sind freie Mittel?
Altersguthaben. Bei einer Gesamtliquidation einer Pensionskasse kommen die betroffenen Angestellten in der Regel in eine neue Pensionskasse. Dabei können sie nicht nur ihr individuelles Altersguthaben «mitnehmen», sondern auch einen angemessenen Teil der freien Mittel.
Damit sind jene Vermögensteile der Pensionskasse gemeint, die den Deckungsgrad von 100 Prozent übersteigen (siehe K-Geld 5/14). Liegt der Deckungsgrad z. B. bei 110 Prozent, so heisst das: Die Ansprüche der Versicherten sind vollständig gedeckt, zusätzlich bestehen noch 10 Prozent Überschuss – vorwiegend aus Wertschwankungsreserven zur Abfederung von Börsenkrisen sowie aus weiteren freien Mitteln.