Ein 47-Jähriger eröffnete bei einer Genfer Bank ein Konto und ein Wertschriftendepot. Die Bank verwaltete ein Vermögen von total über 12,5 Millionen Franken – und zwar im «Execution only»-Verhältnis. Das heisst: Die Bank führt nur Aufträge des Kunden aus, sie hat weder ein Beratungs- noch ein Vermögensverwaltungsmandat.

Für den Anleger war stets derselbe Bankangestellte zuständig. Dieser führte alle Aufträge des Kunden aus. Doch er nahm während vier Jahren auch ohne Auftrag des Kunden für rund 7 Millionen Franken Überweisungen und Investitionen vor. In den meisten Fällen war das Geld danach verschwunden oder verloren. Der Banker tauchte ins Ausland ab. Die Bank entliess ihn fristlos.

Der Anleger erfuhr erst bei einem Besuch in der Bankfiliale, dass sich sein Vermögen massiv reduziert hatte. Er forderte von der Bank Schadenersatz über 6,85 Millionen Franken. Das Zivilgericht in Genf verpflichtete die Bank, dem Kunden rund 5 Millionen Schadenersatz plus 5 Prozent Verzugszins zu zahlen. Das Kantonsgericht erhöhte den Schadenersatz um 250000 Franken. Dagegen erhob die Bank Beschwerde beim Bundesgericht – und dieses kippte den Entscheid.

Die Richter stellten fest, der Geschädigte habe lediglich die Finanz­aufstellungen des für ihn zuständigen Bankmitarbeiters angeschaut, aber die offiziellen Bankauszüge nicht kontrolliert. Hätte er dies getan, wäre ihm die Veruntreuung der Gelder aufgefallen. Und bei einem «Execution only»-Verhältnis sei der Kunde verpflichtet, die Bankaus­züge regelmässig zu kontrollieren.

Laut Bundesgericht trifft den Kunden deshalb ein Mitverschulden. Die Bank hafte für die missbräuchlichen Geldverwendungen nur bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem der Kunde den Fehler hätte bemerken müssen. Der Fall geht nun zurück an die Vorinstanz. Diese klärt ab, wann der Kunde den Missbrauch hätte entdecken können.

Bundesgericht, Urteil 4A_407/2021 vom 13. September 2022